Hohenheim. (uh) Sie faszinieren Wissenschaftler und Verbraucher gleichermaßen: Die alten Getreidearten Einkorn, Emmer und Dinkel erhöhen die Sehkraft, senken Cholesterin, lassen sich zu schmackhaftem Bier brauen und haben ihr Zuchtpotential hinsichtlich Geschmacks- und Ertragspotential längst nicht ausgereizt. So lauten einige der Forschungsergebnisse der letzten Monate, die Saatzucht-Experte PD Dr. Friedrich Longin von der Universität Hohenheim in Stuttgart auf dem Feldtag vorstellt. Mitveranstalter ist der Landesinnungsverband für das württembergische Bäckerhandwerk. Ein Pflichttermin für Landwirte, Züchter, Müller, Bäcker, Brauer, Nudelproduzenten und andere Liebhaber: mit Feldbesichtigung, praktischem Austausch und viel Networking.
Der Fachtag für Fachbesucher findet statt am 06. Juli von 13:00 bis 17:00 Uhr in 70599 Stuttgart statt und wendet sich mit seinem Programm (PDF) an Fachleute aus der Landwirtschaft, Agrarproduktion, Züchtung, Müllerei, Bäckerei, Nudelherstellung sowie an Produzenten von Frühstückscerealien.
Feldtag und Fachtag zugleich
Bis zu 1,50 Meter hoch wird das Getreide am Feldtag auf den Feldern stehen: bräunlich bis schwarz der Emmer, rötlich braun der Dinkel und saftig grün das Einkorn mit seinen fast handlangen Grannen. 20 bis 30 verschiedene Sorten von jeder Getreideart hat PD Dr. Longin in diesem Jahr angebaut. Jede Parzelle hat etwa doppelte Schreibtischgröße. Daneben gibt es einen Spezialversuch, in dem die Parzellen unterschiedlich gedüngt und mit Halmverkürzer behandelt wurden. Mit diesem Anschauungsmaterial zeigt der Getreideexperte, was anders und besonders ist an diesem traditionellen Urgetreide, das für viele Landwirte immer noch unbekannt und bei Verbrauchern zunehmend beliebt ist.
Gut für die Augen, den Cholesterinspiegel – und schmackhaft
Dabei geht PD Dr. Longin auch auf innere Werte der alten Sorten ein. Vor allem Einkorn enthält bis zu zehnmal höhere Konzentration an cholesterinsenkenden Sterylferulaten, Vitamin E und den Augenschutzstoff Lutein – so eine der jüngsten Forschungsergebnisse der Universität Hohenheim. Auch interessant im 500sten Jubiläumsjahr des Reinheitsgebots: Speziell aus Urgetreide lässt sich ein Bier mit Charakter brauen – süß-malzig im Geschmack, bernsteinfarben im Aussehen, was die Brauerei Dachsenfranz zusammen mit der Erzeugergemeinschaft Kraichgau Korn zeigen wird. In Kooperation mit einem experimentellen Bäcker-Müller-Duo plant der Saatgutzüchter derzeit auch einen Mahl- und Backmarathon. Ihr Ziel: die große Bandbreite von Geschmack- und Backeigenschaften der Sortenvielfalt des Urgetreides auszutesten.
Empfehlungen zum Umgang mit dem zunehmend beliebten Getreide
Praxistipps, neue Ideen und die Vernetzung von Landwirten, Züchtern, Müllern, Bäckern, Brauern oder Nudelproduzenten ist auch das Ziel des Feldtags. Deshalb stellen die Urgetreide-Freunde unter den Handwerkern auch eigene Erfahrungen und Produkte vor – vom Dinkelbaguette bis hin zu Teigwaren. «Die Nachfrage steigt seit Jahren und die alten Getreidearten haben ein hohes Marktpotential – sie haben aber auch bei Anbau und Verarbeitung ihre Besonderheiten. Man muss wissen, sie zu handhaben», fasst PD Dr. Longin zusammen. Inzwischen sei die Universität Hohenheim so weit, dass sie bestimmte Sorten und Anbauweisen empfehlen kann. Entscheidende Backkniffe präsentiert Joachim Burkart von der Württembergischen Bäckerfachschule Stuttgart.
Marketingideen für das noch viel zu unbekannte Urkorn
Auch um Marketingideen des zunehmend beliebten Nischenprodukts wird es auf dem Feldtag gehen. Und die schwierige Frage, ob man Dinkel- von Weizenmehl unterscheiden kann, wird diskutiert werden (Foto: pixabay.com).
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