Dienstag, 16. Juli 2024

Spannende Themen bei der 52. Wissenschaftlichen Infotagung

Berlin. (bbgfg) Im Spannungsfeld zwischen Ernährungssicherung und Nachhaltigkeit einerseits, sowie in zeitlicher Nähe zur IGW 2023 und der traditionellen »Wir haben es satt!«-Demo andererseits, fand und findet in dieser Woche die 52. Wissenschaftliche Infotagung der Berlin-Brandenburgischen Gesellschaft für Getreideforschung (BBGfG) statt. Rund 200 Experten aus dem Getreide- und Backgewerbe sowie der Wissenschaft und Zulieferindustrie treffen sich hier zum Wissenstransfer und Netzwerken. Die Tagung findet in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin, der Berliner Hochschule für Technik, dem Max Rubner-Institut Detmold, und dem Institut für Getreideverarbeitung Nuthetal statt.

Motto der Tagung setzt besonderen Schwerpunkt

Das Motto der diesjährigen Wissenschaftlichen Informationstagung respektive des ersten Veranstaltungstags (am Donnerstag) setzt mit dem Thema «Backwarenversorgung: In Krisenzeiten eine zentrale Aufgabe für die Ernährungssicherung» den besonderen Schwerpunkt der Tagung. Die Tagung 2023 begann deshalb damit, im Sinn einer grundlegenden Darstellung der Sachlage, um die Versorgungssicherheit mit Getreide in einem großen Maßstab zu betrachten. Die dargelegten harten Fakten und die für die Backwarenproduktion daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen konnten danach mit den Schlussfolgerungen synchronisiert werden, die aus den Darlegungen zur Sicherheit der Versorgung mit wertgebenden Roh- und Grundstoffen für Backzutaten zu ziehen sind, die für viele Backwaren Schlüsselkomponenten sind. Daraus ließ sich ein Hinweis über die Entwicklung der Versorgungssicherheit für Backwaren in der gegenwärtigen Krisenzeit ableiten.

In der sich an die Vorträge anschließenden Podiumsdiskussion wurde die Frage diskutiert, ob ein Wertewandel nötig ist, der zu einer Zunahme der Wertschätzung von Lebensmitteln und damit verbunden zu einer Abnahme der Verschwendung von Lebensmitteln führen kann. Eine spannende Diskussion, denn die Verschwendung von Lebensmitteln ist sowohl ein individuelles Problem als auch eines der Vermarktung. Die Diskussionspunkte berührten jedenfalls die Grundlagen des Zusammenlebens, in deren friedvoller Verwirklichung es auch um die Wertschätzung der Wertschöpfung aus der Arbeit und die gerechte Nutzung der fossilen Energieträger geht.

Der zweite Tagungstag (Freitag) war/ist Fachthemen rund um verschiedene Innovationen in der Backwarenherstellung gewidmet. Es handelt sich im Wesentlichen um Fachvorträge von hoher wissenschaftlicher und technischer Bedeutung aus der einschlägigen Forschungs- und Entwicklungstätigkeit in Forschungseinrichtungen und der Industrie. Zu den aktuellen Informationen gehören «Wasserstoff als Heizgas für Backöfen: Eine kritische Bestandsaufnahme» sowie «Energieeffizientes Backen in Durchlaufbacköfen unter dem Blickwinkel der Produktqualität». Zudem gibt es Neuigkeiten zur Entwicklung FODMAP-armer Backwaren sowie zur Bedeutung mikrobieller polymerer Kohlenhydrate für die Lebensmittelindustrie.

Mit der Vortragsveranstaltung und ihrer späteren Dokumentation will die Berlin- Brandenburgische Gesellschaft für Getreideforschung (BBGfG) zur Diskussion in Fachkreisen anregen und darüber hinaus die Themen versachlichen und einen Beitrag zu deren breiter öffentlicher Diskussion leisten.

Preisverleihungen bei der 52. Wissenschaftlichen Infotagung

Im Rahmen der 52. Wissenschaftlichen Infotagung der Berlin-Brandenburgischen Gesellschaft für Getreideforschung (BBGfG) wurden/werden traditionell Förderpreise verliehen, die die Leistungen der Preisträger besonders hervorheben. Den Anfang machen/machten am ersten Veranstaltungstag der Förderpreis des Verbands Deutscher Großbäckereien, gestiftet zu Ehren von Prof. Dr. Matteï Rohrlich, sowie zwei Förderpreise der Bäckerinnung Berlin für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Am zweiten Veranstaltungstag folgt die Bäckermeister Alfred Kühn Stiftung, die ihren Preis für eine besondere Leistung in Wissenschaft, Forschung und Entwicklung zur Backwarenherstellung verleiht. Der Bernhard-van-Lengerich-Forschungspreis bestätigt hervorragende Leistungen und innovative Forschungstätigkeiten von Nachwuchswissenschaftlern (m/w/d) auf dem Gebiet der Lebensmittelwissenschaften.


Wissenschaftlicher Förderpreis des Verbands Deutscher Großbäckereien

Mit dem Wissenschaftlichen Förderpreis 2023 des Verbands Deutscher Großbäckereien, gestiftet zu Ehren von Prof. Dr. Matteï Rohrlich, wurde Dr. Julia Christine Zimmermann ausgezeichnet.

Das Kuratorium stellte fest, dass es sich bei der an der Universität Höhenheim angefertigten Dissertation unter der Betreuung von Prof. Dr. med. Stephan C. Bischoff mit dem Thema «Einfluss verschiedener Getreidearten und Herstellungsverfahren auf den Gehalt immunogener Substanzen in Brot sowie in vivo auf die Verträglichkeit an der Maus und im Menschen» um eine herausragende wissenschaftliche Leistung auf dem Gebiet der Humanernährung handelt, welche alle Ansprüche erfüllt, die durch den Stiftungszweck festgelegt sind.

Das Kuratorium stellt heraus, dass Dr. Zimmermann mit ihrer Dissertation einen wichtigen Beitrag zum wissenschaftlichen Fortschritt im Bereich der Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften geleistet hat. Der Fortschritt wird besonders in den Ergebnissen der vergleichenden Untersuchung des Proteoms von Getreidearten sowie Weizensorten und den daraus hergestellten Broten gesehen, aus denen bemerkenswerte Schlussfolgerungen über die Weizensensitivität gezogen werden können. Die Laudatio auf Dr. Julia Christine Zimmermann hielt RA Armin Juncker, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Großbäckereien in Düsseldorf.


Förderpreise der Bäckerinnung Berlin

Die Bäckerinnung Berlin verleiht zwei Förderpreise an den wissenschaftlichen Nachwuchs.

Constanza Cecilia Carreño Villanueva wird in diesem Jahr mit einem der beiden Förderpreise der Bäckerinnung Berlin ausgezeichnet. Sie erhält den Preis für die im Rahmen ihrer Bachelorarbeit an der Berliner Hochschule für Technik erbrachte wissenschaftliche Leistung. Die Bachelorarbeit mit dem Titel: «Einfluss der Restbrotmenge auf die Gebäckqualität in Weizenmischbroten» wurde im Berliner Werk der Harry-Brot GmbH unter der Betreuung von Matthias Müller und seitens der Hochschule von Prof. Dr. Claudia Pickardt angefertigt.

In ihrer Bachelorarbeit hat sich Carreno intensiv mit den unterschiedlichen Aspekten der Restbrotverwertung und den diversen Untersuchungsmethoden zur Teig- und Brotqualität beschäftigt. Die Mitverwendung von Restbrot zur Herstellung von Brotteigen ist ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit der Produktion. Ziel der Arbeit war es, die optimale Einsatzkonzentration an Restbrot im Teig in Bezug auf die Qualität und Frische von zwei unterschiedlichen Sorten Weizenmischbrot zu ermitteln. Im Ergebnis der Arbeit konnten Zusammenhänge zwischen der Einsatzmenge an Restbrot und der Qualität und Frischhaltung der beiden untersuchten Weizenmischbrote aufgezeigt und die Rezepte entsprechend optimiert werden.

Mit dem zweiten Förderpreis der Bäckerinnung Berlin werden gemeinschaftlich Sarah Kubel und Helen Mrasek ausgezeichnet. Sie erhalten den Preis für die im Rahmen ihrer gemeinsam angefertigten Bachelorarbeit mit dem Titel: «Einfluss von Zitronensäure auf die Krustenbildung in Likörpralinen» erbrachte wissenschaftliche Leistung. Diese Arbeit wurde an der Technischen Universität Berlin durchgeführt. Sie war am Fachgebiet Lebensmittelverfahrenstechnik von Prof. Eckhard Flöter angesiedelt und wurde von Dr. Rudolph begleitet. Beide sind Studentinnen des Studiengangs Ernährung/Lebensmittelwissenschaft, der zum Berufsschullehrer qualifiziert.

Ziel der Bachelorarbeit war es, wissenschaftlich fundierte Kenntnis zu erlangen, die es ermöglicht, den Einfluss der Säure auf die mechanische Qualität gefüllter Pralinen a priori abzuschätzen. Die Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass die Bildung der Zuckerkruste aus einer übersättigten Lösung systematisch untersucht wurde. Das Ergebnis sollte dazu dienen, Fehlchargen zu vermeiden. Sarah Kubel und Helen Mrasek haben mit den hier gewürdigten Ergebnissen einen Beitrag geleistet, um zukünftige Innovationen im Handwerk zu erleichtern. Die Laudationes auf die Preisträgerinnen hielt RA Johannes Kamm, Geschäftsführer der Bäckerinnung Berlin.


Preis der Bäckermeister Alfred Kühn Stiftung

Bäckermeisterin Christa Lutum, Verbandsvorsitzende des Bäcker- und Konditoren- Landesverbandes Berlin und Brandenburg, wird für ihren unermüdlichen Einsatz für das Bäckerhandwerk, die besondere Förderung des Nachwuchses, das Wirken in der Branche und ihr Engagement für soziale und ökologische Aspekte mit dem Preis der Bäckermeister Alfred Kühn Stiftung geehrt. Dabei ist es besonders hervorzuheben, dass sie ihre Leidenschaft für hochwertige, biologisch hergestellte Backwaren ebenso an ihre Auszubildenden weiter gibt, wie ihre Neugierde und ihren Drang neues Wissen zu erwerben, einzusetzen und weiterzugeben. Deshalb ist es nicht überraschend, dass sie es schafft, gleichzeitig junge Geflüchtete als auch gestandene Akademiker mit ihrer Begeisterung für «gutes Brot ohne viel Chichi» anzustecken und so zu tollen Ausbildungsergebnissen zu kommen.

Zweck der Bäckermeister Alfred Kühn Stiftung ist die Förderung von Wissenschaft, Forschung und Entwicklung auf dem gesamten Gebiet der Herstellung von Backwaren, die für die praktische Bäckerei Bedeutung haben. Die Laudatio auf Christa Lutum hält Lars Siebert, stellvertretender Obermeister der Bäckerinnung Berlin. Christa Lutum erhält eine Ehrenurkunde und eine Medaille.


Bernhard-van-Lengerich-Forschungspreis

Den Bernhard-van-Lengerich-Forschungspreis Forschungstätigkeiten und hervorragende 2023 Leistungen auf für innovative dem Gebiet der Lebensmittelwissenschaften erhält M.Sc. Charlotte Dorothea Stemler. Sie hat mit ihrer am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Angewandte Biowissenschaften, bei Prof. Dr. Katharina Scherf, in der Abteilung für Bioaktive und Funktionelle Lebensmittelinhaltsstoffe angefertigten wissenschaftliche Arbeit: «Improvement of cake baking properties by lipases compared to a traditional emulsifier» einen innovativen Beitrag geleistet. Dieser Artikel wurde in der Fachzeitschrift Food Chemistry: X 15 (2022) 100442 publiziert.

Der Gegenstand der innovativen Forschungstätigkeit von Charlotte Stemler war es, zu beweisen, dass die Zugabe von Phospholipasen zu Teigen, die aus den Hauptkomponenten Wasser, Mehl, Butter, Zucker und Eiern bestehen, die in diesen vorkommenden Phospholipide so hydrolisieren, dass die sensorischen Eigenschaften der Gebäcke verbessert werden. Das Ziel der innovativen Forschungstätigkeit war es, die hypothetische Fragestellung mit einem Versuchsplan abzuklären, in dem die Wirkung verschiedener Phospholipasen, gekennzeichnet als Enzympräparate, auf drei unterschiedlich zusammengesetzte Teige über Backversuche festgestellt wurde. Die Teige wurden danach mit einem für alle gleichen Backregime zu Muffins geteilt abgebacken. Die Muffins wurden auf die sie kennzeichnenden Merkmale untersucht. Die Herausforderung für die Lösung der Aufgabe bestand in der Entwicklung einer Methode zur homogenen Verteilung der Phospholipasen im Teig, so dass erwartet werden konnte, verlässliche Ergebnisse zu erhalten, respektive aus den Ergebnissen verallgemeinerbare Schlussfolgerungen ziehen zu können.

Die von Stemler erzielten Ergebnisse sind für eine direkte Umsetzung in die Praxis geeignet und können damit eine wirtschaftliche Nutzanwendung finden. Die Laudatio auf Charlotte Stemler hält Prof. em. Dr. Dr. e.h. Friedrich Meuser (Foto: pixabay.com).