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 Ausgabe 46/08 -- 14. November 2008

08. Jahrgang 

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20. Bäko Workshop: Von alten Bekannten und neuen Gesichtern



Berlin. (14.11. / bae) Ein Ereignis, das die Macher nach eigenen Angaben «schon ein bisschen stolz» machte, war der 20. Bäko Workshop. In den 19 vergangenen Ausgaben des namhaften Branchenkongresses hatten viele hochkarätige Referenten auf der Bühne gestanden und Wissenswertes aus der Branche präsentiert, praktische und wissenschaftliche Ansätze diskutiert oder neue Wege des unternehmenspolitischen Handelns aufgezeigt. Nicht anders die 20. Ausgabe, zu der sich 440 Teilnehmer/innen angesagt hatten aus den backenden Branchen, der Zulieferindustrie, von Instituten und Institutionen, aus dem Genossenschaftswesen -- Referenten und Fachpresse nicht zu vergessen.

Berlin sollte unter anderem beleuchten, welche Veränderungen sich seit dem ersten Bäko Workshop -- Königswinter 1989 -- in den backenden Branchen ergeben haben und Anregungen geben, wie den heutigen Marktherausforderungen begegnet werden kann. Einige Referenten hatten irgendwann schon mal Workshop-Luft geschnuppert, so dass in Berlin unter Ihnen sowohl «alte Bekannte» als auch «neue Gesichter» zu finden waren. Mit wissenschaftlichen Ansätzen, ganz persönlichen Sichtweisen und dem manchmal nötigen Quäntchen Humor kamen neben den Branchenthemen allgemeine, gesellschaftliche und wirtschaftliche Aspekte nicht zu kurz.

Ein kleines bisschen sollte auch gefeiert werden und so freute sich Workshop-Moderator Holger Knieling, geschäftsführender Vorstand der Bäko Zentrale Süddeutschland, ganz besonders auf den Spitzenkoch Harald Wohlfahrt, der am zweiten Abend des Kongresses für kulinarische Genüsse sorgte. Bis es soweit war, hatten die Teilnehmer allerdings schon einiges Brainfood intus -- nicht zu vergessen die kleine Stadtrundfahrt mit individuellen Schwerpunkten.
 

Matthias Horx (links) im Gespräch mit Moderator Holger Knieling.


Heiner Kamps: «Es ist besser zu unternehmen als zu unterlassen».

Besser unternehmen als unterlassen
Den Auftakt der Veranstaltung machte der bekannte und führende Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx. Vor 14 Jahren berichtete er im Workshop über die großen Trends und die Wertewandel-Prozesse der 90er Jahre. Kam es so, wie er prognostizierte? In Berlin wagte der Trendforscher einen Rückblick und schaute mit dem Branchentreff in die Zukunft. Seine zentrale Mission bestand in der Aufforderung, Zukunft nicht als Angstformel zu nutzen, sondern sich aktiv auf den Wandel vorzubereiten.

Im Anschluss schilderte Heiner Kamps, Bäckermeister, Unternehmer und Beteiligungsmanager, seine Sicht der heutigen Backbranche. Es gibt wohl kaum eine Person, die die deutsche Backbranche in den vergangenen 20 Jahren direkt und indirekt so verändert hat wie Heiner Kamps. Schon beim 9. Bäko Workshop stand er im Vorfeld seines Börsengangs im Kreuzfeuer auf der Bühne. In seinem aktuellen Vortrag schilderte der Unternehmer, wie er die Branche heute sieht, welche Ziele er mit Bastian´s verfolgt und welche Möglichkeiten, aber auch Grenzen für die backenden Branchen im Umfeld des LEH und der (System-) Gastronomie bestehen.

Der heutige geschäftsführende Gesellschafter der Kamps Food Retail Investment SA und der International Food Retail Capital PLC meldete sich nach dem Verkauf der Kamps AG mit der Übernahme bekannter Unternehmen (Nordsee, Homann, Hamker) und dem Aufbau der Premium-Bäckerei Bastian´s eindrucksvoll zurück. Angenehm sein Vortrag in Berlin, in dem er als Unternehmer sprach und auf seine Art dem vorangegangenen Beitrag des Zukunftsforschers den praktischen Unterbau gab.

Wiederkehr des Hand-Werks?
Der zweite Kongresstag stand zunächst unter dem Thema «Relaunch für einen Traditionsberuf -- Die Wiederkehr des Hand-Werks». Prof. Dr. Walter Freund von der Leibniz Universität Hannover war bereits Referent des ersten Bäko Workshops 1989 in Königswinter. In einem damals gemeinsam mit Hans-Bernhard Dünnewald verfassten Buch mit dem Titel «Handwerk ohne Hände?» hatte Prof. Freund Bezug auf die Veränderung der handwerklichen Backwarenherstellung durch neue Technologien genommen und formulierte die These: Das Ende des Bäckerhandwerks ist absehbar.

Und wie sieht es heute aus? Prof. Freund warnt heute immer noch und sicher nicht leiser vor dem Verlust handwerklicher Fähigkeiten und fordert zugleich unternehmerisches Talent. Gelingt den Bäckern der Spagat zwischen hochqualitativer Produktion und geschickter Vermarktung? Ein Trend ist bereits zu erkennen: Immer mehr Bäcker kehren zum Hand-Werk zurück. Auch die immer wieder in die Debatte geworfene Frage, ob denn die Produktqualität unter dem Rationalisierungsdruck und dem Unternehmenswachstum leide, gehörte in Berlin in diesen Kontext.

Prof. Freund bereitete mit seinem Vortrag den fachbezogenen Hintergrund für die folgende Podiumsdiskussion. In einer gemeinsamen Gesprächsrunde diskutierten die vier Bäckermeister Luc Boulet (Eric Kayser Artisan Boulangerie, Paris), Josef Dorffer (Maitre Boulanger -- Patissier aus Haguenau im Elsass), Klaus Borchers (Althannoversche Spezialitätenbäckerei, Hannover) und Jochen Gaues (Bäckerei Broterbe Gaues, Hannover) gemeinsam mit Walter Freund und Herausforderungen und Strategien, diesen erfolgreich zu begegnen. Moderator war Marcus Höffer, Marketingleiter der Bäko Zentrale Süd.

Die Kunst der Verführung
Eine exklusiv für den Bäko Workshop erstellte, aktuelle Studie lenkte den Fokus der Betrachtung weg von der Produktion hin zum Verkauf und -- noch besser -- des Kunden Entscheidungsverhalten in den wichtigsten Ausprägungen. Unter dem Titel «Eigentlich wollte ich nur Brötchen holen» präsentierte Cirk Sören Ott, Leiter Marktforschung des Beratungsunternehmens Gruppe Nymphenburg, die Ergebnisse einer entsprechenden Verbraucherbefragung in Bäckereien.
 
In 1999 hatte der Verband POPAI (Point of Purchase Advertising International) weltweit eine Studie durchgeführt, um das Einkaufs- und Entscheidungsverhalten der Verbraucher am Point Of Sale zu ermitteln. Die Riesenüberraschung: 55 Prozent aller Kaufentscheidungen werden erst im Geschäft getroffen. Lässt sich dieses Ergebnis auch auf die Bäcker- und Konditorenbranche in Deutschland übertragen? Ott brauchte ein paar Folien, bis er die Frage bejahte. Dabei ging er auf typische Verhaltensmuster und Einkaufsgewohnheiten im Bäckereifachgeschäft ein, auf die Spontanentscheidungsrate für Einkäufe am Point Of Sale; Ausmaß, Charakter und Beeinflussung von Kaufentscheidungen und lieferte eine Analyse von Kundenbindungsfaktoren unter Berücksichtigung soziodemografischer Gesichtspunkte.
 

Bild links: Marcus Höffer und Cirk Sören Ott diskutieren Ergebnisse der Studie für den Bäko Workshop.

Abschied vom Homo Oeconomicus
Im Anschluss nahmen die Teilnehmer des 20. Bäko Workshops in Berlin gemeinsam mit Prof. Dr. Gunter Dueck Abschied vom Homo Oeconomicus. In der Wirtschaft operiert man mit dem Modell von einem Homo Oeconomicus, der stets rational handelt und auf immer gleiche Weise durch Geld und Nutzen zu motivieren ist. Das ist falsch, sagt Dueck als studierter Mathematiker und Betriebswirt, seit vielen Jahren Chef-Technologe bei IBM. In seinem aktuellen Buch «Abschied vom Homo Oeconomicus» findet er deutliche Worte: «Wir sind eher eine große Masse von leicht erregbaren Individuen, die wie Lemminge hin und her rasen; je nachdem, wohin der Trend zeigt. Wir finden vor allem das rational, was die anderen auch tun». Prof. Dueck fordert eine ökonomische Vernunft, die den Menschen in den Blick nimmt und uns lehrt, in fetten Jahren Maß zu halten und in mageren gelassen zu bleiben.

Premium-Bäckerei und Premium-Kaffee -- perfekt, oder?
Zum Abschluss des zweiten Tags durften sich die Teilnehmer auf einen weiteren besonders exklusiven Referenten freuen: Michael Herz, Miteigentümer der Maxingvest AG -- vormals Tchibo Holding AG. Vor 20 Jahren während des 1. Bäko Workshops hatte Herz Bäckereiunternehmer ermuntert, entschiedener als bisher über neue Konzepte nachzudenken. Die Branche laufe Gefahr, in einem stagnierenden Markt bei stetig steigenden Kosten durch ein allzu regelhaftes Verhalten ihre Wettbewerbsvorteile zu verspielen. Deshalb seine Botschaft: «Ändere Dein Konzept, bevor Du dazu gezwungen wirst». Eine Grundregel guten Unternehmertums, die sicher heute noch gilt.

Wie sieht Herz heute -- 20 Jahre später -- die Bäckerbranche, als deren Partner sich Tchibo nach wie vor versteht? Haben sich neue Konzepte am Markt etablieren können oder verhalten sich die (meisten) Betriebe immer noch zu regelhaft? Haben neue Anbieter und neue Technologien die Spielregeln des Markts verändert? Stechen die klassischen Wettbewerbsvorteile noch? Wie steht es um die Aufmerksamkeit, Trends frühzeitig zu erkennen. Oft genannte Stichworte in Berlin waren Unternehmertugenden, Kundenvertrauen, demografischer Wandel, Flexibilität, Snackbereich, Premium-Bäckerei und natürlich Premium-Kaffee. «Premium-Kaffee passt perfekt zu Ihnen», sagte Herz in Berlin -- verbunden mit einer Absage an «sechs Meter Non-Food-Artikel» und die Frage, was Bäckerfachgeschäfte und Tchibo heute tun können, um wieder besser miteinander ins Geschäft zu kommen.

Die kleinen Geheimnisse neuen Marketings
Den Auftakt am dritten Kongresstag bestritt Prof. Dr. Christian Blümelhuber, Marken- und Marketingspezialist sowie Inhaber des Inbev-Baillet Latour Lehrstuhls für Euromarketing an der Université Libre de Bruxelles. Immer mehr Produkte und Werbeaussagen prügeln sich um die Aufmerksamkeit des Konsumenten. Doch wie viel sind die alten Regeln des Marketings noch wert? Wie erreichen wir die Masse der Konsumenten? Noch schriller, noch lauter? Oder brauchen wir eine klare Zielgruppenpolitik?

Blümelhuber hatte sich auf den beschwerlichen Weg durch den Dschungel der neuen und alten Marketingstrategien gemacht und stellte in Berlin seinen recht kurzweiligen Reisebericht vor: Eine Einführung in die Geheimnisse des neuen Marketings. Der anerkannte Wissenschaftler und gefragte Berater begeisterte durch seine unterhaltsame und manchmal auch provozierende Art, mit der er wissenschaftliche Konzepte verständlich näherbrachte.

Den Schlusspunkt setzte Herbert Fandel, Konzertpianist und Fifa-Schiedsrichter mit seinem Beitrag «Entscheidungen im Sekundentakt -- auch in Stresssituationen erfolgreich handeln». Der Vater zweier Kinder ist hauptberuflich Pianist und Direktor einer Musikschule. Als größtes Hobby gibt er seine Familie an. So ruhig sein Privatleben scheint, so unruhig verlief sein Aufstieg zu einem der bekanntesten deutschen Schiedsrichter: 2006 pfiff er das Uefa-Cup-Endspiel, 2007 das Champions-League-Endspiel und 2008 bei der Europameisterschaft.

Sportliche und musikalische Tätigkeiten erfordern ein Höchstmaß an Konzentration und die Bewältigung extremer Stresssituationen. Fandel weiß diese erfolgreich in Höchstleistungen umzusetzen. Mit Beispielen aus Musik und Sport gab Fandel seine Erfahrungen in Berlin weiter. Der 21. Bäko Workshop findet 2009 vom 08. bis 10. November in Hamburg statt.

 

 

DIESER BEITRAG GEHÖRT ZUM WEBBAECKER INFODIENST FÜR DIE 46. KALENDERWOCHE 2008

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