Baden-Baden. (12.06. / swr) In seinen Programmhinweisen für die kommenden Wochen erwähnt der Südwestrundfunk (SWR) eine Reportage über die Hagener Bäcker-Dynastie Brandt am 23. Juli. Titel: «Der Zwieback-Fabrikant Brandt -- Das Märchen vom Bäcker und seinem Sohn». Nicht jeder kann den SWR empfangen, auch nicht über Kabel. Damit Sie als Gebührenzahler wenigstens etwas von diesem Beitrag haben, hat die SWR-Redaktion das Wesentliche in Schriftform zusammengefasst. Die vorliegende Inhaltsangabe lässt trotz ihrer Kürze eine vielschichtigere Perspektive erkennen als die Brandt-eigene Darstellung. Die erschien anlässlich des 40-jährigen Jubiläums des heutigen Inhabers und Geschäftsführers Carl-Jürgen Brandt auf der Brandt-Homepage und ist ebenfalls sehr lesenswert -- sofern Sie sich für Handwerks- und Industriegeschichte der backenden Branchen interessieren.
«Zwieback ist für mich die Welt, in der ich mich bewege. Ich denke bei Zwieback an Gesundheit, ich denke bei Zwieback an Lebensgefühl. Ich knabbere gerne, ich knuspre gerne. Ja, ich denke: Ich bin ein echtes Zwiebackkind». (Carl-Jürgen Brandt)
Es war einmal ein einfacher Bäcker aus Hagen: Carl Brandt. Der fährt zunächst als Koch zur See, überquert sieben Mal den Atlantik und entdeckt dabei den Schiffszwieback. Als er in seine Heimatstadt zurückkehrt, beschließt er, selbst Zwieback zu backen und wagt den Sprung in die Selbständigkeit: 1912 gründet Carl Brandt die «Märkische Zwieback- und Keksfabrik». Von einer kleinen Backstube ausgehend, entwickelt sich ein schnell Back-Imperium.
Der ehrgeizige Bäcker aus Hagen erkennt die Zeichen der Zeit und setzt auf automatische Fertigung, die eine gleich bleibende Produktqualität und kostengünstige Herstellung garantiert. Während bei seinen Kollegen der Zwieback noch von Hand produziert wird, bringt Carl Brandt 1929 die erste selbst entwickelte und patentierte Zwieback-Schneidemaschine zum Einsatz. Sie verbilligt das Produkt radikal und macht Brandt binnen kürzester Zeit zum Monopolisten in Sachen Zwieback. Und Zwieback aus Deutschland hat seitdem nur einen Namen, mehr als 60 Millionen Packungen (Marktanteil über 80 Prozent) mit dem fröhlichen Kindergesicht werden hierzulande jährlich verkauft.
Die Geschichte der Bäckerei Brandt ist untrennbar verknüpft mit deren Familiengeschichte, genauer gesagt: der Kleinfamiliengeschichte. Denn nur drei Personen haben das Unternehmen in seiner nunmehr 95-Jährigen Geschichte geleitet. Dem Unternehmensgründer Carl Brandt (1912 bis 1965) folgte seine 20 Jahre jüngere Frau Betty Brandt (1965 bis 1984). Sie war das soziale Gewissen des Betriebs und in ihrer Zeit eine der ganz wenigen Frauen an der Spitze eines großen deutschen Unternehmens. Nach ihrem Tod übernahm Carl-Jürgen Brandt das Unternehmen. Der heute 60-Jährige ist der Adoptiv-Sohn von Carl und Betty Brandt.
Parallel zum 90-jährigen Firmenjubiläum gerät das Unternehmen 2002 in negative Schlagzeilen: Die Verlegung der Haupt-Produktionsstätte von Hagen in die Kleinstadt Ohrdruf in Thüringen wird nicht nur am alten Stammsitz heftig diskutiert. «Der Subventionen wegen» sagen die Kritiker. «Weil Hagen uns kein geeignetes Grundstück für einen Neubau geben konnte», sagt Carl-Jürgen Brandt. Die in Hagen einsetzenden Streiks führen das Unternehmen schließlich beinahe an den Rand des Ruins. Und Carl-Jürgen Brandt sowie seine Familie sehen sich heftigen Anfeindungen ausgesetzt.
Gerettet hat das Unternehmen letztlich die starke Marke: Wer in Deutschland an Zwieback denkt, sieht den legendären Brandt-Kinderkopf vor sich. Er ist eines der bekanntesten Marken-Logos in der Geschichte der Bundesrepublik. Heute lächelt er nicht nur von Zwieback-Packungen, sondern auch von unzähligen T-Shirts, Baseball-Kappen und Taschen.
Info: In der SWR-Dokumentation von Peter Scharf gibt Unternehmer Carl-Jürgen Brandt dem Filmautor einen außergewöhnlich intimen Einblick in die Geschichte der Familie und das Unternehmen Brandt. Sehr persönliche Aufnahmen aus dem Privatarchiv der Familie machen die märchenhafte Erfolgsgeschichte lebendig. Und natürlich kommen am 23. Juli das aktuelle «Brandt-Kindergesicht» und dessen Vorgänger zu Wort.
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