H a n n o v e r . (13.09. / biv) Die niedersächsische Landesregierung bereitet die Neuordnung der beruflichen Grundbildung vor. Ende Juli 2009 läuft das Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) in seiner bisherigen verpflichtenden Form aus. Das Nachfolgemodell, das gerade im niedersächsischen Kultusministerium abgestimmt wird und im Herbst in die Anhörung gehen soll, stellte der Bäckerinnungs-Verband Niedersachsen/Bremen (BIV) Bäckermeistern und Berufsschullehrern für das Lebensmittelhandwerk im Rahmen einer Berufsbildungsfachtagung vor.
Priorität behalte unverändert die reguläre duale Berufsausbildung mit den Lernorten Betrieb und Berufsschule, betonte Regierungsdirektor Hans-Bernhard Dünnewald vom Kultusministerium. Für diejenigen Jugendlichen, die nach ihrer Schulzeit ohne Lehrstelle dastehen, werde eine flächendeckende vollschulische berufliche Grundbildung strukturiert. Sie basiere auf dem seit 1996 bekannten Konzept der Berufsfachschule (BFS). Die Rahmenlehrpläne der neu geordneten Ausbildungsberufe seien so aufgebaut, dass schon fürs erste Lehrjahr getrennte Beschulungskonzepte für das Bäcker- und Konditoren-, das Fleischerhandwerk und die Gastronomie vorgegeben werden. Außerdem sollen BFS-Schüler berufliche und allgemeine Bildung zugleich vermittelt bekommen.
Für lernschwächere Jugendliche ohne oder mit unterdurchschnittlichem Hauptschulabschluss soll die neue Berufseinstiegsklasse (BEK) -- anfangs als Schulversuch -- vorgeschaltet werden, erfuhren die Tagungsteilnehmer. Die BEK soll den jungen Menschen ermöglichen, den Hauptschulabschluss zu erzielen oder eine schlechte Hauptschul-Qualifikation aufzubessern. Entsprechend der gestiegenen Ansprüche im Bäcker- und Konditorenhandwerk sollen in dieser vollschulischen beruflichen Grundbildung auch Englisch sowie Mathematik und Deutsch/Kommunikation als Schwerpunkte unterrichtet werden.
Geplant sei, die Ergebnisse der einjährigen Berufsfachschule auf die duale Berufsausbildung anrechnen zu lassen, erläuterte Dünnewald. Er prognostizierte für die erfolgreichen BFS-Absolventen eine große Übernahmechance in das zweite Lehrjahr einer regulären, betrieblichen Ausbildung zu Bäckern, Konditoren oder Fachverkäuferinnen. Alternativ stehe auch der Zugang zur Klasse 2 der zweijährigen «BFS Ernährung und Hauswirtschaft» offen, die zum Realschulabschluss führe. Grundgedanke des Verordnungsentwurfs des Kultusministers sei, in der einjährigen BFS keine Konkurrenz, sondern die Ergänzung der dualen Ausbildung zu sehen, strich Dünnewald heraus, «auch, um geeignete Auszubildende für das Lebensmittelhandwerk zu gewinnen».
Willi Wolke aus Vorsitzender des BIV-Berufsbildungsausschusses betonte, dass die geplanten neuen Strukturen der beruflichen Grundbildung im niedersächsisch-bremischen Bäckerhandwerk intensiv diskutiert werden müssten. Seitens der Berufsschullehrerschaft wurden Bedenken gegen einzelne Komponenten des Novellenentwurfs laut, zum Beispiel hinsichtlich der Ausstattung von BEK und BFS mit qualifizierten Lehrkräften für den Fremdsprachenunterricht.
Positiv beurteilte Wolke, der auch stellvertretender Landesinnungsmeister ist, die Bestandsgarantie für das duale Ausbildungssystem. Dessen Leistungsfähigkeit unterstrich er zugleich anhand von neuesten Ergebnissen der Ausbildungsstatistik. Danach haben 2007 bundesweit über 660 Lehrlinge mehr als 2006 eine Ausbildung im Bäckerhandwerk begonnen (plus 1,8 Prozent). Insgesamt bot das Bäckerhandwerk zum Stichtag knapp 36.900 jungen Menschen einen Ausbildungsplatz. Die Zahl der Bäckerlehrlinge sei über alle Ausbildungsjahre hinweg um gut vier Prozent gesunken, während die Zahl der Fachverkäufer/in-Lehrlinge um knapp sieben Prozent zugenommen habe. Für diesen traditionell weiblich geprägten Beruf interessieren sich immer mehr junge Männer, allein 2007 fast 18 Prozent mehr als 2006 -- plus 156 Lehrlinge (BIV).
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