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Discountbäckerei: 
Heiße Preisschlacht am Backofen

D o r t m u n d. (16.07. / waz / eb) Vor allem im Ruhrgebiet tobt derzeit eine Preisschlacht um Brot, Brötchen und Gebäck. Discountbäcker mit Selbstbedienung unterbieten ihre traditionelle Konkurrenz um 50 oder gar 60 Prozent. Brötchen für zwölf Cent -- die Kunden freut es. Doch das Bäckerhandwerk knirscht mit den Zähnen wenn es nicht gar seine Existenz bedroht sieht. Was seit Jahren als Backstation vornehmlich in Supermärkten bekannt ist, breitet sich nun in Form von Läden wie ein Flächenbrand aus.

Die Billig-Bäcker backen ihr gesamtes Angebot direkt im Laden aus und präsentieren es hinter Glas in übersichtlichen Fächern. Die Kunden, mit Tablett und Zange ausgestattet, angeln sich die Backwaren durch eine Öffnung aus den Fächern, bezahlen an der Kasse und packen ihren Einkauf selbst ein.

Der Lohn dieser "Arbeit": Das Kilo Kassler- oder Vollkornbrot kostet 1,49 Euro, das Roggenbrötchen 15 Cent, die Laugenstange 29 Cent. Die Ausstattung ist karg -- wie bei Aldi. Und wie bei Aldi "brummen" die Läden, freut sich Ludwig Feuerpeil. Der Bäckermeister aus Herdecke ist einer der Vorreiter dieser Idee. Vor einem Jahr eröffnete er in Hagen seine erste Discountbäckerei.

Brötchen, Brot, Gebäck-Auswahl -- alles etwa zur Hälfte der Preise, die umliegende Bäcker verlangen. "Wir wurden von den Kunden regelrecht überfallen", erinnert sich der Billig-Bäcker. Das machte Appetit auf mehr. Feuerpeil heizte weitere Öfen in SB-Bäckereien an. Inzwischen hat er mit seiner Ladenkette Brödis die herkömmlichen Bäcker in Herne, Gelsenkirchen, Bochum, Oberhausen, Wesel, Solingen und Osnabrück aufgeschreckt. Bald soll Dortmund folgen. Dann der Rest des Reviers.

20 bis 25 weitere SB-Bäckereien peilt Feuerpeil noch für dieses Jahr an. Doch die Standort-Suche sei nicht so einfach, berichtet er. "Wir brauchen Top-Lagen. Denn das Konzept unserer Läden funktioniert nur durch die Kombination von günstigem Preis und vielen Kunden. Wegen des dauernden Käuferstroms müssen wir ständig Backen. Und deshalb ist immer alles frisch."

Wie ein Geschenk des Himmels erschien Feuerpeil da das Ende der Drogeriemarkt-Kette Spinnrad. Da seien nun in einigen Städten Läden in Spitzenlagen frei geworden. Das ist ein gefundenes Fressen für kundensüchtige SB-Bäcker. Aber nicht nur für sie. Zunehmend steigen auch alteingesessenen Bäcker ins Billig-Geschäft ein. In einer regelrechten Abwehrschlacht wollen sie so die Discount-Eindringlinge aus ihrem eigenen Gebiet fern halten -- und machen sich selbst Konkurrenz. Denn wo Billig-Bäcker aktiv werden, purzeln auch bei den herkömmlichen Bäckern die Preise.

Kein Wunder, dass die Bäcker-Funktionäre die Entwicklung "verzweifelt bis ohnmächtig" verfolgen. So beschreibt Friedrich Wirsam, Geschäftsführer des Bäckerinnungsverbandes Westfalen-Lippe (gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung) die Lage. Mehr noch: "Das ist der Anfang vom Ende des Bäckerhandwerks." Die Teiglinge werden laut Wirsam für zwei bis drei Cent eingekauft und von den Billig-Bäckern aufgebacken für zehn bis zwölf Cent verkauft. Das Bäckerhandwerk sei nicht in der Lage, bei diesen Preisen mitzuhalten.

Doch die Discount-Bäcker haben noch mehr im Köcher. Ihr nächstes Ziel ist offenbar das lukrative Geschäft der Bäckereien mit Stehcafés. In Gelsenkirchen wird Billig-Bäcker Brödis seine preiswerten Bissen demnächst wohl auch in einem Steh-Imbiss anbieten. (waz)

Info: Mehr über Brödis und Ludwig Feuerpeil finden Sie unter http://www.broedis.de


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