Zürich / CH. (eb) Ein «Strategisches Investment» nannte die Aryzta AG im April dieses Jahres die Übernahme von 49 Prozent der Unternehmensanteile der Picard SA. Der französische Tiefkühlspezialist versteht sich auf die höherpreisigen Segmente im französischen TK-Lebensmittelgeschäft und war dem irisch-eidgenössischen Konzern mal eben kurz 446,6 Millionen Euro wert. Die Vereinbarung mit Lion Capital sieht vor, dass die Großbäcker innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre eine Kaufoption auf alle Aktien des TK-Spezialisten ausüben können. Finanziert hat Aryzta den Erwerb des Aktienpakets übrigens mit dem Erlös, der dem Konzern durch das Abstoßen des Agrargeschäfts Origin Enterprises PLC zugeflossen ist.
Keine Frage: Die Großbäcker wollen nicht mehr nur Großbäcker sein und richten ihre Geschäfte noch dazu anders aus. Die Aktivitäten decken nicht mehr das Spektrum «Rohstoffversorgung bis B2B-Backwarenvertrieb» ab, sondern, unterstützt auch durch andere Akquisitionen, das Spektrum «Backwarenerzeugung bis B2C-Absatzkanäle». So zählt – um beim Beispiel Picard SA zu bleiben – der TK-Spezialist in Frankreich gut 920 Filialen, in Italien 40, Belgien 15 und Schweden zehn Verkaufsstätten. Mehr als 4.500 Mitarbeitende sorgen europaweit dafür, dass Fertiggerichte, Fisch, Fleisch und Gemüse und natürlich auch Backwaren an den Mann und die Frau gebracht werden.
Das wiederum bereitet neuerdings dem helvetischen Lebensmittel-Detailhandel Sorgen. Einerseits könnte man meinen, dass sich hier der Kreis schließt, denn wo sonst hat der heutige Weltmarktführer Aryzta AG seine Wurzeln als in der Schweiz? Andererseits hat die eidgenössische Bäckerbranche – bekanntermaßen – nicht wenige Probleme. Eine Aryzta AG, die ihre Erzeugnisse nicht mehr nur weltweit produziert und verkauft, sondern über die Picard SA jetzt auch verstärkt an Endverbraucher in der Schweiz, hat den Eidgenossen wahrscheinlich gerade noch gefehlt.
Doch so isses: Wie Philippe Dailliez, neuer Verwaltungsratspräsident von Picard, gegenüber «Le Matin Dimanche» sagte, plant der TK-Spezialist in den kommenden Jahren fürs Erste um die 20 neue Magazine/Filialen in der Schweiz. Ausgehend von der Westschweiz will Picard im gesamten Land Fuß fassen – frei nach dem Motto «Eine Marke existiert nur durch ihre Erreichbarkeit». Ziel sei, möglichst viele Verkaufsstätten in möglichst kurzer Zeit zu schaffen.
Eher unwahrscheinlich ist, dass Picard in absehbarer Zeit nach Deutschland kommen könnte. Das Format, das Picard mit seinen «Magazinen» bedient, hat hierzulande kaum Tradition. Zudem dürfte sich herumgesprochen haben, dass der bundesdeutsche Lebensmittelmarkt eher schwierig ist. Dieser «Prüfung» wird man sich nicht leichtfertig unterziehen wollen (Bild: Picard).
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