Dienstag, 16. Juli 2024

«Mburu Boulangerie»: Wirtschaftliche Zusammenarbeit im Senegal

Berlin (DE) | Dakar (SN). (bmz / eb) In Afrika werden jedes Jahr rund 25 Millionen neue Arbeitsplätze benötigt. Die ohnehin schwierige Beschäftigungssituation wird durch die aktuellen Krisen verschärft: Bedingt durch die Pandemie sind Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen und auch die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine treffen die afrikanischen Volkswirtschaften und Arbeitsmärkte. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt deshalb mit der Sonderinitiative «Gute Beschäftigung für sozial gerechten Wandel» deutsche, europäische und afrikanische Unternehmen und Investoren dabei, gute Arbeitsplätze in Afrika zu schaffen und den Übergang zu einer klimagerechten Wirtschafts- und Lebensweise sozial gerecht zu gestalten.

Die Unterstützung gemeinsam mit den Partnerländern ist breit angelegt. Attraktive und langfristig erfolgversprechende Wirtschaftsstandorte – inklusive Gewerbe- und Industrieparks – sind ebenso dabei wie die gezielte Förderung ausgewählter Wachstumsbranchen in den Regionen. Dazu zählen zum Beispiel der Automobil- und Luftfahrtsektor in Tunesien, die Automobil- und die Lebensmittelindustrie in Marokko oder der Informations- und Kommunikationssektor sowie das Handwerk im Senegal.

Tipp: Falls das Video nicht sofort lädt, bitte die Seite mit »F5« aktualisieren (Quelle: Mburu Artisanes + Boulangères via Youtube).

Im Auftrag des BMZ füllen die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die KfW Entwicklungsbank, der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), die Entwicklungsorganisationen Sequa sowie Engagement Global die Sonderinitiative «Gute Beschäftigung für sozial gerechten Wandel» mit Leben. Um Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen, arbeitet das BMZ nicht nur mit Unternehmen und Investoren zusammen, sondern auch mit Hochschulen, Berufsschulen, Kammern und Verbänden sowie der Zivilgesellschaft.

Das Bäckerhandwerk, die Backwarenmanufaktur sowie die mittelständische, familiengeführte Backwarenindustrie eignen sich gut für die Initiative, weil über sie recht einfach regionale Traditionen und Herstellungsweisen gepflegt und gefördert werden können. Neben dem Erhalt regionaler Verfahren spielt hier gewiss auch der Erhalt traditioneller Rohstoffe eine Rolle. Nicht zuletzt sind die Einstiegshürden relativ gering, so dass (a) die Leute schnell in Arbeit zu bringen sind und (b) die Chancen auf ein wenig Wohlstand greifbar nah sind – wie das folgende Beispiel zeigt:

Eine Jobperspektive im senegalesischen Bäckerhandwerk

Dakar / SN. (giz) «Ich konnte nicht zur Schule gehen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich eines Tages an einer Ausbildung teilnehmen, das Bäckerhandwerk erlernen und einen Job finden würde.» Als Khady Diouf ein Kind war, sagten ihr die Eltern, dass Schule nichts für Mädchen sei. Also lernte sie den Konventionen entsprechend Kochen, Putzen, Waschen und sollte eine gute Hausfrau werden. Doch je älter sie wurde, desto mehr reifte in ihr der Wunsch, auf eigenen Beinen zu stehen und finanziell unabhängig zu sein.

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Der angehenden Bäckerin Khady Diouf in Dakar, Senegal, über die Schulter geschaut (1 Foto: GIZ – Felix Weber).

So versuchte sie sich als Babysitterin über Wasser zu halten und wollte sich sogar als Soldatin bei der senegalesischen Armee ausbilden lassen, denn ohne Schulabschluss gab es für die heute 26-Jährige kaum andere Möglichkeiten. Dabei ist Diouf, die aus dem Umland von Ngaparou an der Küste im Westen Senegals kommt, bei weitem nicht die Einzige, der es so geht. Vor allem im ländlichen Senegal sind viele Frauen arbeitssuchend, finden aber weder Ausbildung noch Job.

Diesen haben nun einige Frauen wie Khady Diouf bei «Mburu Artisanes + Boulangères» gefunden, einer Backwarenkette, die mit regionalen Getreidesorten wie Hirse und Mais, Knollen und saisonalem Obst arbeitet und damit auch lokale Wertschöpfungsketten stärkt. Das BMZ unterstützt «Mburu» mit Fortbildungen für Dutzende Mitarbeitende über die Unterschiede einzelner Rohstoffe und Backwaren, den Vorteil lokaler Getreidearten, den Umgang mit technischen Geräten sowie Grundlagen des Vertriebs.

Für deutsche Bäckereien eine schöne Gelegenheit zur Inspiration

Für deutsche Bäckereien zum Abgucken eignet sich der Unternehmensfilm von «Mburu Artisanes + Boulangères» auf der Eingangsseite unter mburu-boulangerie.com: So ziemlich als erstes zieht jemand das Smartphone aus der Kittelschürze und ruft (wahrscheinlich …) die Mburu-App auf, um seine Einkäufe zu erledigen. Sofort taucht das Shop-Display als Bild im Bild auf, das Kunden durch den Einkauf führt. Ganz nebenbei zeigt der Film auch, dass der senegalesische Betrieb längst digitalisiert ist – zumindest was die Produktionsplanung und den Vertrieb angeht. Weil es keinen Sinn machen würde, dazwischen noch mit spitzem Bleistift zu hantieren, ist davon auszugehen, dass der Betrieb komplett digitalisiert ist.

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«Coeur de Palmier» oder: So schön können Schweineöhrchen aussehen (2 Fotos: Mburu Artisanes + Boulangères).

Einen Blick wert ist auch das ebenso reichhaltige wie appetitliche Produktsortiment – die «Kollektion». Die Verkaufspreise weist «Mburu Artisanes + Boulangères» in der Landeswährung «FCFA» aus – laut Wikipedia «CFA-Franc BCEAO (XOF)». Der «Franc de la Communauté Financière d’Afrique», kurz CFA-Franc, ist die Währung der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion (UEMOA), zu der auch der Senegal gehört. Der CFA-Franc wird von der Westafrikanischen Zentralbank (BCEAO) mit Hauptsitz in Dakar (SN) emittiert und hat den ISO-4217-Code XOF. Im Jahr 2027 soll er vom ECO abgelöst werden. Devisenrechner nutzen das Kürzel «CFA-Franc BCEAO (XOF)». 1’000 CFA-Francs entsprechen demnach 1,53 Euro.

Ein Buttercroissant zum Beispiel kostet 600 FCFA (0,92 Euro), ein Toastbrot 1’000 FCFA (1,53 Euro) aufwärts, ein Teranga-Baguette mit Sauerteig 350 FCFA (0,54 Euro). Ein üppiger Windbeutel namens «Dakar Brest» lockt mit 2’000 FCFA (3,06 Euro). Ein Donut «Natur» ist schon für 250 FCFA (0,38 Euro) zu haben. Auf Süßmäuler wartet eine üppige Torte «Djoloff Mangue Passion» für 15’000 FCFA (22,95 Euro) – das oberste Ende der Preisskala. Eine schöne Idee ist auch der Ramadan-Brotkorb «Paniers Ramadan» in diversen Größen. Für den Onlineshop vertraut die Boulangerie-Patisserie auf die Software von Shopify. Das durchschnittliche Jahreseinkommen im Senegal lag 2021 bei gut 980’400 CFA-Francs (1’500 Euro).