Madrid / ES. (gtai) Die spanische Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie hat 2015 rund 95 Milliarden Euro erlöst. Dieser Umsatzrekord ging mit einem neuen Höchstwert bei den Exporten von 26,0 Milliarden Euro einher. Auch der Binnenmarkt entwickelt sich positiv. Die Lebensmitteleinfuhr (NACE 10 und 11) erlebte mit 7,0 Prozent den besten Zuwachs seit 2008 und erreichte einen Rekordwert von 19,6 Milliarden Euro. Die Lieferungen aus Deutschland zogen um 6,4 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro an, allerdings mit abbremsender Tendenz im 1. Halbjahr 2016 – berichtet Germany Trade + Invest (GTAI).
Die Nahrungsmittelverarbeitung konsolidierte sich 2015 als umsatzstärkste Branche des spanischen verarbeitenden Gewerbes. Innerhalb der EU steht sie von der Produktion her an vierter Stelle, als Exporteur an sechster. Das geht aus dem Jahresbericht hervor, den der Dachverband FIAB im Sommer 2016 vorstellte. Hinzu kommen noch einmal Exporte im Wert von fast 13 Milliarden Euro an Zitrusfrüchten, Obst und Gemüse. Die Handelsbilanz bei verarbeiteten Nahrungsmitteln fällt im achten Jahr positiv aus (2015: 6,0 Milliarden Euro). Deutschland stand als Absatzmarkt an fünfter Stelle, beim Bezug von verarbeiteten Nahrungsmitteln und Getränken an zweiter. Den höchsten Importanteil verzeichnete 2015 Frankreich trotz leichter Rückgänge auf 15,2 Prozent. Deutschland hielt seinen Anteil von 9,0 Prozent. Es folgten die Niederlande mit 8,3 Prozent, Portugal (5,6 Prozent), Italien (5,5 Prozent) und Argentinien (5,0 Prozent).
Gut bis sehr gut positioniert sind deutsche Anbieter mit Anteilen von über einem Zehntel bei Milch und Molkereiprodukten, verschiedenen genießbaren Waren und Zubereitungen (besonders homogenisierten Lebensmittelzubereitungen, Saucen, Würzmitteln, anderen Zubereitungen), Fleisch (Würsten und Wurstwaren), Teig- und Backwaren sowie Bier. Lebensmittel und Getränke aus Deutschland stehen wegen ihrer Qualität, aber auch der Innovationsstärke der deutschen Hersteller in gutem Ruf, befinden sich aber in starkem Wettbewerb mit spanischen und zum Teil französischen, portugiesischen und italienischen Produkten.
Starkes Investoreninteresse
Spaniens Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie (NACE 10 und 11) ist breit aufgestellt und weiter auf Internationalisierungspfad. Ihre Schwerpunkte sind die Herstellung von Backwaren und Nudeln, die Verarbeitung und Konservierung von Fleisch und Fisch sowie die Getränkeerzeugung. Von Jahr zur Jahr wächst die Zahl der exportierenden Unternehmen. Laut FIAB waren es 2015 fast 12.700 der insgesamt 28.200 Betriebe der Branche.
Es ist kein Zufall, dass sich ausländische Investoren verstärkt für den Sektor interessieren und 2015 rund 1,6 Milliarden Euro direkt investierten. Dieser Wert lag um 64,5 Prozent über dem des Vorjahrs und machte fast die Hälfte der ausländischen Direktinvestitionen aus, die in die verarbeitende Industrie flossen. Die Mittel stammten zu 56 Prozent aus der EU-28 und zu 40 Prozent aus Mittel- und Südamerika. Auch chinesische Investoren beginnen sich zu interessieren. Umgekehrt hat mit 240 Millionen Euro der spanische Lebensmittelsektor 2015 vergleichsweise wenig im Ausland direkt investiert. Mehr als zwei Drittel der Mittel konzentrierten sich auf die EU-28. Dahinter dürften im Zuge der Internationalisierung viele neue Vertriebsniederlassungen stehen.
Auch in Spanien selbst wird erweitert, modernisiert, die Produktion nachhaltiger gestaltet. Ein Trend ist die Effizienzsteigerung bei Lenkung, Prozessen und Energie. Die galizische Brauerei Estrella Galicia will bis 2019 rund 150 Millionen Euro in die Verdoppelung ihrer Kapazität (auf 400 Millionen Liter) investieren. Beim Fachinformationsanbieter Alimarket laufen viele Meldungen zusammen. Um nur die aktuellsten zu nennen: Gemüsekühlkostproduzent Fruveco plant ein neues Werk in Murcia (80 Millionen Euro). Milchproduktehersteller Lácteos Industriales Agrupados (Liasa), der auf den Horeca-Kanal (Hotel/Restaurant/Café) spezialisiert ist, will zusammen mit einem Partner in der Nähe von A Coruna ein Werk für Molkereiwaren errichten (70 Millionen Euro). Embutidos Rodríguez hat vor, seine niedergebrannte Produktionshalle von Wurstwaren für 20 Millionen Euro wiederaufzubauen. Der Anbieter tiefgefrorener Meeresprodukte Apolo investiert etwa acht Millionen Euro in neue Produktionslinien.
Auflebender Horeca-Sektor
Die Zeichen auf dem heimischen Absatzmarkt sind gemischt. Der Bericht des Landwirtschaftsministeriums über den Lebensmittelkonsum in Spanien stellt fest, dass die Gesamtausgaben für Ernährung 2015 auf 99,0 Milliarden Euro gestiegen (plus 1,0 Prozent) sind. Dabei nahm der Verzehr zu Hause um 0,9 Prozent auf 67,0 Milliarden Euro zu. Doch lag das allein am Preisauftrieb (plus 2,2 Prozent). Der Konsum an sich war rückläufig (minus 1,3 Prozent), nicht zuletzt, wegen des Bevölkerungsrückgangs. Pro Kopf wurden demzufolge 1.503 Euro an Lebensmitteln zu Hause konsumiert. Supermärkte stehen als Einkaufsort ganz vorn.
Erfreulich entwickelt sich der Verzehr außer Haus. Spanier gehen gern in Cafés, Bars und Restaurants, hatten das aber in der Rezession zwischen 2008 und 2013 stark zurückgefahren. Im Jahr 2015 nahm dieser Konsum um 1,2 Prozent auf 32,0 Milliarden Euro zu, weil sowohl die Zahl der Besuche stieg (plus 0,8 Prozent), als auch die Ausgaben pro Gast (plus 0,4 Prozent). Hinzu kommen die ausländischen Gäste. Über 70 Millionen Touristen werden Spanien 2016 besuchen, darunter mehr als zehn Millionen Deutsche. Anbieter, die den spanischen Markt erschließen wollen, sollten daher auch das Horeca-Segment und die Ausländerhochburgen an der Mittelmeerküste und auf den Balearen im Auge haben (Foto: pixabay.com).
Einfuhr von Agrar-, Nahrungs- und Genussmitteln nach Spanien (1.000 Euro, Veränderung in Prozent)
SITC | Produktgruppe | 2015 | H1/2016 | Veränderung | Einfuhr aus Deutschland | Veränderung |
01 | Fleisch und Fleischprodukte | 1.553 | 751 | 3,4 | 101 | -3,0 |
02 | Milch, Milchprodukte, Eier | 1.802 | 855 | -4,5 | 158 | -7,0 |
03 | Fische, Meerestiere und Zubereitungen | 5.712 | 2.863 | 7,7 | 36 | 17,3 |
04 | Getreideprodukte, Teig- und Backwaren | 3.746 | 1.915 | 15,6 | 130 | -5,7 |
05 | Gemüse, Früchte und Zubereitungen | 4.650 | 2.653 | 14,1 | 89 | 12,9 |
06 | Zucker, Zuckerwaren, Honig | 758 | 355 | -7,0 | 28 | -38,3 |
07 | Kaffee, Tee, Kakao, Gewürze | 2.282 | 1.154 | 3,5 | 134 | 4,7 |
08 | Tierfutter | 1.824 | 781 | -7,6 | 34 | -26,2 |
09 | Verschiedene genießbare Waren | 1.235 | 642 | 9,9 | 106 | 13,7 |
11 | Getränke | 1.744 | 862 | 6,1 | 79 | 22,0 |
22,41-43 | Ölsaaten, ölhaltige Früchte, Öle, Fette | 3.903 | 1.906 | 0,6 | 17 | -50,0 |
Summe | 29.209 | 14.737 | 6,9 | 912 | -0,2 |
Quelle: Agencia Tributaria (AEAT). Ministerio de Economia y Competitividad; Secretaría de Estado de Comercio; Datacomex
Ausführlichere Informationen zum spanischen Lebensmittelmarkt finden Sie im Branchenreport kompakt Ernährungswirtschaft Spanien 2015. Informationen zum Vertrieb finden Sie in der Broschüre Vertrieb und Handelsvertretersuche Spanien 2016.
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