Dienstag, 16. Juli 2024
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Erntebrot: meldet Insolvenz in Eigenverwaltung an

Döbeln. (kke / eb) Die Erntebrot GmbH aus dem Landkreis Mittelsachsen hat am 24. Februar vor dem Amtsgericht Chemnitz einen Antrag auf ein gerichtliches Sanierungsverfahren gestellt. «Die Gesellschaft, die aktuell 347 Mitarbeitende zählt, wurde 1990 gegründet und hat sich in Döbeln, in Sachsen und darüber hinaus einen sehr guten Ruf erarbeitet», sagt Rechtsanwalt Stefan Ettelt von der Kanzlei Kulitzscher + Ettelt in Döbeln. Die mittelständische Bäckerei beliefert über 70 eigene Verkaufsstätten mit Brot und Gebäck.

Erntebrot: von der Konsumbäckerei zum Filialisten

Erntebrot ging nach der Wende aus einer ehemaligen Konsumbäckerei hervor. Damals hatte Albrecht Großmann das Unternehmen im Rahmen eines Management-Buy-Outs von der Treuhand erworben. Ende 2013 übertrug der – vor einigen Monaten – verstorbene Albrecht Großmann die Geschäfte seinem Sohn Alexander Großmann und der langjährigen Prokuristin Elke Lehmann.

Im Bericht für das Geschäftsjahr 2014 zählt die Gesellschaft noch ein Netz von 104 Filialen, davon 78 in Sachsen, 16 in Sachsen-Anhalt, vier in Thüringen, drei in Brandenburg und drei in Berlin. Aufgrund der bekannten Entwicklungen am Markt ist die Zahl der Filialen rückläufig. Seit 2013 befindet sich das Unternehmen in einem umfassenden Restrukturierungs- und Sanierungsprozess. Die Umsetzung aller Maßnahmen wird einen Zeitraum bis 2018 in Anspruch nehmen, schrieb das Unternehmen Ende 2014.

Bis November 2014 zeigte der Sanierungsprozess einen befriedigenden Verlauf. Zum Jahreswechsel 2014/2015 und der damit verbundenen Einführung des gesetzlichen Mindestlohns wurde die Ertragslage wieder stärker belastet. Die erfolgten Preisanpassungen im Verkauf reichten nicht aus, um die gestiegenen Personalaufwendungen und die ausgelöste Produktpreisoffensive – Marktmacht der Discounter und Supermärkte für ausgewählte Bäckereiprodukte – zu kompensieren.

Besonders infolge der zunehmenden Marktdurchdringung der Discounter im Bereich der Standardprodukte verfügte das Unternehmen Ende 2014 – neben bereits geschlossenen 81 Filialen – über weitere 40 Filialen, bei denen ein wirtschaftlicher Betrieb nicht mehr möglich ist/war. Für die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit der Erntebrot GmbH ist/war daher die kurzfristige Umsetzung einer Filialstrategie erforderlich, um die verlustträchtigen Filialen aufzugeben. Das heißt unter anderem auch, dass man nach einem Weg suchen muss, vorfristig aus kostenintensiven Mietverträgen aussteigen zu können.

Sanierung ist in vollem Gang

Zudem konnte das Unternehmen im Berichtsjahr 2014 die vorgegebenen Ziele nicht erreichen. Umsatz und Ergebnis lagen deutlich unter Plan – was 2015 kaum anders gewesen sein dürfte, zumal sich die Branche nach wie vor im Umbruch befindet. Die nunmehr eingetretene wirtschaftliche Krise resultiert besonders aus dem beschriebenen, verschärften Wettbewerb und darüber hinaus aus der bekannten, geänderten Geschäftspolitik verschiedener Supermarktketten.

Die Geschäftsführung hat hierauf unmittelbar reagiert und bereits 2015 die ersten wichtigen und richtigen Maßnahmen zur Sanierung des Unternehmens eingeleitet. Nach intensiver Abwägung aller in Betracht kommender Sanierungsoptionen haben sich Alexander Großmann und Elke Lehmann entschieden, mit der Zielsetzung des Erhalts und der Fortführung des Unternehmens beim Amtsgericht Chemnitz einen Eigenantrag auf Eröffnung eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung zu stellen, um damit auch ein vom Gesetzgeber zur Verfügung gestelltes modernes Verfahren nutzen zu können. Die eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen sollen im Rahmen dieses Verfahrens zu Ende geführt werden.

Unterstützung von allen Seiten

Die Geschäftsführung wurde dabei durch den Sanierungsspezialisten Rechtsanwalt Stefan Ettelt von der Kanzlei Kulitzscher + Ettelt maßgeblich begleitet. Die Kanzlei hat bereits bundesweit mehr als 107 Insolvenzverfahren initiiert und begleitet und gehört damit zu den führenden Kanzleien für moderne gerichtliche Sanierungsverfahren. Mit Beschluss vom 25. Februar 2016 kam das Amtsgericht Chemnitz den Anträgen nach und ordnete die vorläufige Eigenverwaltung an.

Zum vorläufigen Sachwalter der Erntebrot GmbH wurde der Chemnitzer Rechtsanwalt Dr. Dirk Herzig von der bundesweit tätigen Kanzlei Schultze + Braun eingesetzt. Rechtsanwalt Dr. Herzig ist Spezialist auf dem Gebiet der Sanierung mittels Sanierungsplan und kann bereits auf zahlreiche erfolgreiche Unternehmenssanierungen – auch in der Bäckereibranche – zurückblicken. Weitergehend hat das Gericht einen vorläufigen Gläubigerausschuss bestellt. Die konstituierende Sitzung des Gläubigerausschusses ist bereits erfolgt, der Gläubigerausschuss hat uneingeschränkt der Fortführung des Geschäftsbetriebs zugestimmt.

Die Erntebrot GmbH wird jetzt mit ihren Beratern und in enger Abstimmung mit dem vorläufigen Sachverwalter einen Sanierungsplan erstellen und die notwendigen Weichen für eine positive Zukunft des Unternehmens stellen. Der Geschäftsbetrieb läuft bis dahin vollumfänglich in gewohnter Weise weiter. Die Geschäftsführung ist aufgrund der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung uneingeschränkt handlungsfähig. Wichtigstes Ziel des Verfahrens wird es sein – dies in enger Abstimmung mit den Gläubigern der Gesellschaft – das Unternehmen zu stabilisieren, notwendige Teilbereiche neu zu strukturieren und die Arbeitsplätze im Unternehmen zu erhalten. Die Geschäftsführung wird dabei uneingeschränkt von ihren Mitarbeitern, aber auch von langjährigen Partnern, wie Lieferanten und Auftraggebern, unterstützt (Bild: Erntebrot).