Dienstag, 16. Juli 2024

Ein bisschen Lockdown reicht auch unter Demokraten nicht

Bremerhaven. (usp) Der Föderalismus in Deutschland hat seine Stärken. In pandemischen Zeiten, in denen alle an einem Strang ziehen müssen, kommt er jedoch an Grenzen. Unnötig wird den Bürgern erschwert, sich an klare Regeln zu halten – weil vieles zerredet wird und am Ende kaum noch jemand weiß, was Sache ist. Ein Regelchen hier, eine Empfehlung dort und nebenbei das Eingeständnis eines Ministerpräsidenten vor wenigen Tagen, dass man das Virus schlicht unterschätzt habe. Wie kann man ein Virus unterschätzen, das seit einem Jahr um die Welt wütet und Stand heute (2020-12-08) insgesamt 1’547’164 Menschen getötet hat – 19’342 davon in Deutschland?! Leben wir jetzt alle im Tal der Ahnungslosen, in dem wir uns lieber mit Verschwörungstheoretikern befassen statt den Menschen zuzuhören und beizustehen, die durch Covid-19 Bruder oder Schwester, Vater, Mutter, Kind oder den besten Freund verloren haben?!

Über den Sommer haben wir uns auf die faule Haut gelegt und gehofft, dass das Virus nicht wiederkommt. Wenn schon, dann bitte nicht so gefährlich. Den Gefallen hat uns Covid-19 nicht getan. Schlimmer noch: Es tritt alles ein, was wir längst schon wussten. Wir wissen, dass das Virus jede unserer Schwächen unbarmherzig ausnutzen wird. Weshalb also geben wir ihm so viele Gelegenheiten, sich auszubreiten und Leid in unsere Familien zu tragen? Epidemie-erfahrene Länder wie China, Südkorea oder Japan haben Covid-19 rigoros unter Kontrolle gebracht und sind mit der zweiten Welle längst fertig. Man könne Äpfel nicht mit Birnen vergleichen, heißt es dann. Schließlich sind wir eine Demokratie. Das müsse erst diskutiert werden und dann könne man nur hoffen, dass sich die Leute an Empfehlungen halten.

Wie wir feststellen müssen, ist es dem Virus egal, in welcher Staatsform wir leben. Jeden Tag, den wir mit Diskussionen verplempern und sich ein neuer Experte zu Wort meldet, sterben in Deutschland hunderte Menschen. Die Fürsorgepflicht unseres Staates sollte sich nicht im Auftreten als Teilkaskoversicherung erschöpfen. Unzählige Milliarden Euro werden in krisenanfällige Branchen gepumpt, die schneller lernen müssen sich selbst zu helfen – statt in Talkshows zu sitzen und über ihre Bedürftigkeit zu referieren. Fürsorgepflicht heißt auch, klare Regeln aufzustellen und diese dann durchzusetzen. Punkt.

Jetzt die Zeit für einen harten Lockdown nutzen

Die Situation ist ernst und droht sich zu verschärfen. Trotz des seit Anfang November geltenden Teil-Lockdowns befinden sich die Infektionszahlen weiter auf hohem Niveau. Die Krankenhäuser und das medizinische Personal arbeiten am Limit. Die Gesundheitsämter sind überlastet. Um die Dynamik deutlich zu verlangsamen, empfiehlt die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in ihrer jüngsten Stellungnahme ein zweistufiges Verfahren. Die Weihnachtsferien und der eingeschränkte Betrieb in Unternehmen und Behörden bieten die Chance für einen harten Lockdown. Dieser Stillstand könnte das Infektionsgeschehen deutlich eindämmen helfen. Das Papier muss nicht diskutiert werden. Es ließe sich, bundesweit einheitlich, einfach so umsetzen vom 14. Dezember 2020 bis 10. Januar 2021.

20201208-LEOPOLDINA.