Bremerhaven. (usp) Ob Werner Baumann, Vorstandsvorsitzender der Bayer AG, jemals davon geträumt hat, in die Geschichtsbücher einzugehen, ist uns nicht bekannt. Wie wissen nur, dass er in diesen Tagen eher unfreiwillig Börsengeschichte schrieb. Während der Hauptversammlung 2019 verweigerten ihm 55,5 Prozent der Aktionäre die Entlastung. Direkte Konsequenzen hat das nicht. Doch die schallende Ohrfeige ist einzigartig. Nie zuvor ist einem amtierenden Vorstandschef eines Dax-Konzerns so harsch das Vertrauen entzogen worden. Damit erhielt Baumann die Quittung für die umstrittene Übernahme von Monsanto 2018 sowie den bald darauf einsetzenden, rapiden Kursverfall der Bayer-Aktie. Gigantische Werte sind vernichtet worden. Das trifft besonders viele Kleinanleger. Doch auch institutionelle Anleger waren und sind verärgert. Die Klagewelle, die gerade von Übersee nach Europa schwappt, haben viele Menschen kommen sehen. Schließlich steht Monsanto mit seinem Glyphosat nicht erst seit gestern im Verdacht, Flora und Fauna nachhaltig zu beschädigen.
Die Aufgabe eines Vorstandsvorsitzenden besteht darin, Vermögen zu mehren und Einfluss zu verbessern. Doch weshalb musste es unbedingt Monsanto sein? Gab es keinen anderen Übernahmekandidaten? Der Monsanto-Kauf und die damit verbundenen Risiken belasten Bayer nun schwer. Neben dem finanziellen Desaster scheinen es noch mehr die ethischen Bedenken zu sein, die das Misstrauensvotum der Aktionäre so deutlich haben ausfallen lassen. Das Thema Glyphosat lässt die Menschen nicht kalt, ob es Bayer-Aktionäre sind oder nicht. Mit dem umstrittenen Unkrautvernichter wollen die Wenigsten zu tun haben. Dass sich Werner Baumann 2018 so bedenkenlos über Vorbehalte hinwegsetzte, werden sie ihm nicht verzeihen. Für das Misstrauensvotum mag der halbierte Aktienkurs der rationale Grund sein. Dahinter steht aber auch eine ethische Überzeugung, die allen Warnungen zum Trotz einfach ignoriert wurde.
Der Fisch stinkt vom Kopf
Wie gering sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat den Aktionärswillen schätzen verdeutlicht die Tatsache, dass sich der Aufsichtsrat um Werner Wenning gleich nach dem Votum der Aktionäre «zu 100 Prozent» hinter den Vorstand stellte. Nur zur Erinnerung: Die Aufgabe eines Aufsichtsrats besteht darin, den Willen der Anteilseigner durchzusetzen, ihre Interessen zu schützen. Die Arroganz, mit der sich Baumann und Wenning über das Desaster hinwegzusetzen versuchen, macht sprachlos. Dabei kann die gigantische Wertvernichtung, der Kursverfall und der horrende Schaden für die Reputation nur eine Antwort kennen: Beide müssen gehen. Der Fisch stinkt vom Kopf. Der Konzern täte gut daran, sich schnell von Baumann und Wenning zu trennen.
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