Dienstag, 16. Juli 2024

Premiere: Erstmals liefern Drohnen in Deutschland Lebensmittel aus

Michelstadt. (uas) Der deutsche Lieferdrohnenhersteller und -dienstleister Wingcopter und die Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) haben jetzt das Projekt «Drohnen-Lastenrad-Express-Belieferung» aufgenommen. Unter dem Namen «LieferMichel» bietet das Pilotprojekt Bewohnern abgelegener Stadtteile im hessischen Michelstadt die Möglichkeit, sich Lebensmittel und Konsumgüter schnell und emissionsfrei per Wingcopter-Lieferdrohne und Lastenrad nach Hause liefern zu lassen. Die Drohnenlieferungen sollen die Nahversorgung in der Region nachhaltig verbessern. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) im Rahmen der Förderrichtlinie «Innovative Luftverkehrsmobilität» mit insgesamt rund 430.000 Euro gefördert.

Das Projekt «Drohnen-Lastenrad-Express-Belieferung» ist eine Initiative der Frankfurt University of Applied Sciences und des deutschen Lieferdrohnenherstellers und -dienstleisters Wingcopter. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). Die ersten Drohnenflüge in Deutschland finden in der Region Michelstadt im Odenwald statt. Zu den weiteren Projektpartnern gehören der Lebensmittelhändler Rewe, der Kommunikationsanbieter Vodafone, der Lastenrad-Experte Riese + Müller sowie die Stadt Michelstadt.

Zunächst werden die beiden Stadtteile Rehbach und Würzberg weit außerhalb von Michelstadt beliefert. Die Bewohner dieser Ortsteile können über die Webseite liefermichel.de Waren des täglichen Bedarfs wie H-Milch, Eier, Obst und Gemüse, Konserven und viele andere ungekühlte Produkte bestellen und sich diese zu einem gewünschten Zeitpunkt nach Hause liefern lassen. Die Bestellungen werden von Wingcopter zu festgelegten Landepunkten außerhalb der Dörfer geflogen, von wo aus sie mit einem elektrischen Lastenfahrrad zu den Endkunden transportiert werden. Zu Beginn steht ein breites Sortiment des örtlichen Rewe-Markts zur Auswahl. Im weiteren Verlauf des Projekts werden weitere lokale Einzelhändler in die Plattform aufgenommen, heißt es in der gemeinsamen Mitteilung.

Fotohinweis dieses Foto: Wingcopter20231005-LIEFERMICHEL-WINGCOPTER-01

Wissenschaftlich begleitet wird das Pilotprojekt von der Frankfurt University of Applied Sciences, die den Service unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten evaluiert. Auch die Frankfurter Fachhochschule kümmert sich um die Cargo-Bike-Fahrten. Sie verfügt über eine profunde Expertise im Bereich der Last-Mile-Logistik mit Lastenfahrrädern und kleinen Elektrofahrzeugen (LEV).

Als assoziierte Projektpartner konnten neben der Stadt Michelstadt und Rewe auch Vodafone und Riese + Müller gewonnen werden. Das Mobilfunkunternehmen Vodafone stellt die nötige Mobilfunkinfrastruktur zur Verfügung, damit die Wingcopter-Drohnen während des Flugs eine sichere und stabile Verbindung zur Bodenstation haben. Die eingesetzten Lastenräder werden vom E-Bike-Pionier Riese + Müller, ebenfalls aus dem Odenwald, hergestellt und zur Verfügung gestellt.

Fotohinweis dieses Foto: Riese + Müller20231005-LIEFERMICHEL-RIESE-MUELLER-01

In den beteiligten Dörfern haben in den letzten Jahren viele örtliche Einzelhändler ihre Geschäfte geschlossen, so dass die Bewohner zum Einkaufen nach Michelstadt oder in andere Städte fahren müssen – zum Teil weit über 10 Kilometer pro Strecke. Vor allem für kleinere Besorgungen bis zu vier Kilogramm können die LieferMichel-Nutzer nun ihr Auto stehen lassen. Ein weiterer Vorteil: Das Fliegen mit den vollelektrischen Lieferdrohnen ist auch umweltfreundlicher als die Fahrt mit dem Auto.

Basierend auf den Erfahrungen in Michelstadt soll ein nachhaltiges und skalierbares Geschäftsmodell entwickelt werden, um auch in anderen ländlichen Regionen Deutschlands die Nahversorgung durch schnelle, ökologisch sinnvolle und zuverlässige Lieferung von Waren des täglichen Bedarfs per Drohne zu verbessern. Denn während im ländlichen Raum in den letzten Jahren viele kleinere Läden verschwunden sind, beschränken sich Lebensmittel-Lieferdienste, die Bestellungen innerhalb weniger Minuten zustellen, bislang auf urbane Gebiete. Hier sehen die Projektpartner ein enormes Potenzial.

Das Projekt ist zunächst bis Ende 2023 befristet und wird bei Erfolg fortgesetzt.

Tom Plümmer, CEO von Wingcopter: «Wir sind sehr stolz darauf, mit LieferMichel den ersten Drohnenlieferdienst für Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs in Deutschland zu pilotieren. Unser größtes Ziel ist es, Erfahrungen zu sammeln und gemeinsam mit den Anwohnern einen umweltfreundlichen und effizienten Service zu evaluieren, der einen echten Mehrwert für die Bevölkerung im ländlichen Raum schafft. Wir sind sehr dankbar für die Gastfreundschaft der Odenwälder und die Offenheit, mit der sie das Projekt und das LieferMichel-Team aufgenommen haben.»

«Wir glauben, dass ein drohnengestützter Lieferservice in ländlichen Gebieten eine Win-Win-Situation darstellen kann: Anwohner profitieren von besseren Versorgungsmöglichkeiten, Einzelhändler können ihr Kundeneinzugsgebiet vergrößern, ohne selbst Lieferdienste einrichten zu müssen. Wir erwarten auch ökologische Vorteile, da vor allem Fahrten für kleinere Besorgungen auf diese Weise ersetzt werden können», erklärt Prof. Dr. Kai-Oliver Schocke, Leiter des Research Lab for Urban Transport (ReLUT) an der Frankfurt UAS.

Dr. Tobias Robischon, Oberbürgermeister der Stadt Michelstadt, ergänzt: «Die Nahversorgung in abgelegenen Ortsteilen ist nicht nur für uns in Michelstadt, sondern in vielen ländlichen Gemeinden der Region ein wichtiges Thema. Deshalb sind wir immer an innovativen Ideen und Konzepten wie der Lieferung per Drohne und Lastenrad interessiert und freuen uns, bei dieser Deutschlandpremiere dabei zu sein.»

Dr. Robert Zores, Chief Digital Innovation Officer (CDIO) bei Rewe digital, freut sich über den Start des Projekts: «Wir arbeiten im Bereich Forschung und Innovationen seit Jahren am Thema autonome Mobilität und haben dabei immer ein Ziel vor Augen: unseren Kunden neue Einkaufserlebnisse zu bieten und das Einkaufen bequem und einfach zu machen. Wir sind Vorreiter und Wegbereiter im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel. Wir freuen uns darauf, neben zahlreichen Projekten im urbanen Raum auch Angebote im ländlichen Raum zu testen und gemeinsam mit den Projektpartnern Technologien und Prozesse zu erlernen und weiterzuentwickeln.»

Michael Reinartz, Head of Innovation bei Vodafone Deutschland: «Wir freuen uns, dass das Team für den Flug der LieferMichel-Drohne auf das Mobilfunknetz von Vodafone setzt und damit unterstreicht, welche entscheidende Rolle die Mobilfunktechnologie für den kommerziellen Drohnenflug spielt. Denn nur ein reaktionsschnelles Mobilfunknetz bietet gerade über längere Distanzen die nötige Zuverlässigkeit, um automatisierte Drohnenflüge – und damit innovative Anwendungen wie die Lebensmittellieferung per Drohne – zu ermöglichen.»

Jörg Matheis, Chief Communication Officer bei Riese + Müller: «Wir freuen uns sehr, Teil dieses spannenden und innovativen Projekts zu sein. Gerade die Kombination von unterschiedlichen und klimafreundlichen Mobilitätslösungen macht dieses Projekt so wichtig» (Titelfoto: Vodafone).

Fotohinweis dieses Foto: Rewe über Vodafone20231005-LIEFERMICHEL-VODAFONE-02