Dienstag, 16. Juli 2024

Lebensmittelrecht: In das Thema Acrylamid kommt Bewegung

Detmold. (agf) In das Thema Acrylamid komme Bewegung, sagte RA Alexander Meyer-Kretschmer, Geschäftsführer beim Verband Deutscher Großbäckereien (VDG) in Düsseldorf, während seines Vortrags anlässlich der 73. Bäckerei-Technologie-Tagung Anfang November in Detmold. Der Rechtsanwalt betreut im VDG das Thema Lebensmittelrecht und den entsprechenden Fachausschuss des Verbands. Darüber hinaus ist er Vorsitzender des Technical Committee beim europäischen Brotverband AIBI in Brüssel und Obmann der GdCh-Arbeitsgemeinschaft «Lebensmittel auf Getreidebasis» in Frankfurt. Für die Bäckerei-Technologie-Tagung der Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung (AGF) in Zusammenarbeit mit dem Max Rubner-Institut, Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide, fasst Meyer-Kretschmer regelmäßig neue Entwicklungen im Lebensmittelrecht sowie Leitsätze bei Brot und Backwaren zusammen.

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Aus nachvollziehbaren Gründen ist das Thema Acrylamid für die backenden Branchen in Deutschland ein wichtiges Thema. «Bisher war der Gesetzgeber weise genug keine Grenzwerte für Acrylamid zu erlassen, sondern mit Orientierungswerten zu arbeiten», sagte Meyer-Kretschmer in Detmold. «Der Unterschied ist klar: wird ein Grenzwert überschritten ist das ein potenzieller Rechtsverstoß. Wird ein Orientierungswert überschritten ist das nur Anlass für Nachforschungen wie es dazu kommen konnte.»

Mit dem Ansatz, Acrylamid, wo es geht, zu minimieren und keine harten Grenzen zu setzen, habe der Gesetzgeber bis jetzt auf die Schwankungen bei der Acrylamidbildung Rücksicht genommen. Obwohl Acrylamid im Backprozess entsteht, hat die Backwarenerzeugung nur teilweise Möglichkeiten dies zu beeinflussen. Denn das Acrylamid-Bildungspotenzial verschiedener Getreidearten – bis hin zu unterschiedlichen Sorten und Schlägen – ist durchaus unterschiedlich. Meyer-Kretschmer: «Seit Anfang des Jahres 2022 liegt nun ein Entwurf der EU-Kommission auf dem Tisch, der durch die Bank neben Orientierungswerten zusätzlich Grenzwerte für Acrylamid bei Backwaren und anderen Lebensmitteln vorsieht. Dabei handelt es sich um einen Systembruch.»

Der Verband Deutscher Großbäckereien habe auf nationaler und auf EU-Ebene, zusammen mit der gesamten Lebensmittelbranche, dafür plädiert, von der flächendeckenden Einführung harter Grenzwerte abzusehen. Zunächst sollten im Rahmen eines «Impact Assessment» die wirtschaftlichen Folgen dieser Doppel-Regelung geprüft werden. Meyer-Kretschmer betonte: «Die Backbranche hat bislang sehr gute Erfahrungen mit den Orientierungswerten gemacht und ist in der Lage, sichere Brote, Brötchen und Brotspezialitäten herzustellen.»

Wie wichtig die Backbranche dieses Thema nimmt zeige auch das beim Forschungskreis der Ernährungsindustrie aufgenommene Forschungsprojekt zu Acrylamid. Dieses Projekt wurde vom Verband Deutscher Großbäckereien initiiert und wird gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft durchgeführt. «Es widmet sich ausschließlich der Erforschung der Bildungsmechanismen von Acrylamid bei besonderen Backwaren und Zutaten wie Kartoffelflocken, Röstzwiebeln oder Oliven. Seit Anfang 2022 läuft dieses Projekt auf Hochtouren, das Forschungsbudget beträgt über 500.000 Euro», berichtete Alexander Meyer-Kretschmer in Detmold (Foto: AGF).