Dienstag, 16. Juli 2024
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FMK will ermäßigten Umsatzsteuersatz vereinfachen

Goslar. (fmk) Auf ihrer Jahrestagung Ende Mai haben die Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder auf Initiative des niedersächsischen Finanzministers Reinhold Hilbers in Goslar beschlossen, einer weiteren Verkomplizierung und Zersplitterung bei der Umsatzbesteuerung entgegenzuwirken.

Unter Vorsitz der rheinland-pfälzischen Finanzministerin Doris Ahnen haben die Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder eine Arbeitsgruppe beauftragt, bis Ende März 2019 gesetzgeberische Maßnahmen zu prüfen und konkrete Vorschläge für die Umsetzung einer Weiterentwicklung und Vereinfachung des Umsatzsteuerrechts vorzulegen.

Hintergrund dieses Vorstoßes sind aktuelle Vorschläge der EU-Kommission zur Überarbeitung der Mehrwertsteuersätze dahingehend, künftig mehr ermäßigte Steuersätze zuzulassen und den Anwendungsbereich auszuweiten. Da die Umsatzsteuer mit rund 217 Milliarden Euro fast 30 Prozent zum Steueraufkommen Deutschlands beiträgt und jede Verbraucherin und jeder Verbraucher zu diesem Steueraufkommen beiträgt, sind von den angestrebten Veränderungen bei der Umsatzsteuer alle betroffen.

Das Vorhaben der EU führt nach Ansicht der Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder in die falsche Richtung und trägt vielmehr dazu bei, den heute schon unüberschaubaren, zersplitterten und stetiger Kritik ausgesetzten Anwendungsbereich des ermäßigten Steuersatzes weiter zu vergrößern. Neben der zusätzlichen Erschwernis für die Rechtsanwendung würden weitere stark ermäßigte oder sogar Nullsteuersätze die Anfälligkeit für missbräuchliche Gestaltungen erhöhen.

Stattdessen wird ein einfacheres Regelwerk mit klaren Abgrenzungskriterien und weniger Betrugsanfälligkeit angestrebt. In diesem Lichte soll die Arbeitsgruppe den Anwendungsbereich des ermäßigten Steuersatzes überprüfen. Zweck des Prüfauftrags ist eine Weiterentwicklung der umsatzsteuerlichen Ermäßigungstatbestände im Sinne einer systemgerechten Reduzierung und Abgrenzung. Davon erhoffen sich die Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder mehr Steuergerechtigkeit und die Erhaltung verlässlicher Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen – national wie international.

Ziel sind konkrete Reformvorschläge, die den Bürokratieaufwand der Unternehmen und die allgemeinen Befolgungskosten von Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung senken sowie die Nachvollziehbarkeit der Besteuerung auf Seiten der Verbraucherinnen und Verbraucher erhöhen. Zugleich dürfen dabei die wichtigen sozialen Aspekte nicht aus dem Blick geraten – da Veränderungen bei der Umsatzsteuer jeden betreffen. Der für begünstigte Leistungen geltende Steuersatz sollte möglichst klar erkennbar und – gegenüber Umsätzen zum Regelsteuersatz von 19 Prozent – sicher abgrenzbar sein.

Reinhold Hilbers: «Wir müssen das Thema ermäßigter Mehrwertsteuersatz wieder auf die politische Agenda holen. In ihrer jetzigen Ausgestaltung ist die Mehrwertsteuer viel zu komplex und auch betrugsanfällig. Einzelne Tatbestände gehören daher generalüberholt, um mehr Steuergerechtigkeit zu erzielen und die Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen zu verbessern. Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission zur Mehrwertsteuer geht in die völlig falsche Richtung und findet nicht meine Unterstützung. Er würde noch mehr Ausnahmen zulassen. Mehr Ausnahmen würden die Steuer aber noch gestaltungs- und betrugsanfälliger machen und das bestehende System noch weiter verkomplizieren. Soziale Aspekte der Mehrwertsteuer dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Der ermäßigte Steuersatz für Lebensmittel muss erhalten bleiben».

«Eine Reform der Mehrwertsteuer darf insgesamt nicht zu Steuererhöhungen führen, sondern muss aufkommensneutral sein. Wenn bestimmte Ermäßigungstatbestände abgeschafft werden könnten anderen im Zuge einer Harmonisierung angepasst werden. Auch könnte in diesem Zusammenhang dann über eine Absenkung des Regelsteuersatzes nachgedacht werden» (Foto: pixabay.com).