Wien / AT. (phg) Die Zielpunkt GmbH, eine 100-prozentige Tochter der Pfeiffer Handelsgruppe, hat Insolvenz angemeldet. Die Trauner Handelsgruppe hatte in den letzten Jahren über 50 Millionen Euro zur Rettung in die stark angeschlagene Supermarkt-Kette investiert. Pfeiffer hat sich 2012 mit 24,9 Prozent beteiligt und im Jahr 2014 Zielpunkt zur Gänze übernommen. Nach drei Jahren intensivster Sanierungsbemühungen und Investitionen sind nunmehr dramatische Verschlechterungen der äußeren Rahmenbedingungen für Zielpunkt eingetreten. Die Insolvenzanmeldung der Zielpunkt GmbH brachte die Zielpunkt Geschäftsführung am 30. November beim Handelsgericht Wien ein.
«Schmerzhafter, aber notwendiger Schritt»
Zielpunkt wurde vor drei Jahren von der Pfeiffer Handelsgruppe mit massivem Investitionsstau von den häufig wechselnden Voreigentümern übernommen und in die Handelsgruppe integriert. «Wir haben seit der Beteiligung an Zielpunkt im Jahr 2012 nichts unversucht gelassen, die angeschlagene Kette zu retten und damit auch die Arbeitsplätze zu sichern. Trotz des extrem hohen Engagements – sowohl finanzieller als auch personeller Natur – sind wir nun an die Grenzen der Machbarkeit gelangt. Wir haben auch Altlasten aus der Vergangenheit – wie beispielsweise die Strafe der BWB aufgrund von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht – in nicht unbeträchtlicher Höhe getilgt», erklärt Magister Georg Pfeiffer, Eigentümer der Pfeiffer Handelsgruppe, in einer Mitteilung. «Es ist für uns sehr schmerzhaft, uns von Zielpunkt trennen zu müssen». Dieser Schritt ist rechtlich notwendig, da die weitere Finanzierung nicht sichergestellt werden kann. «Wir haben unser Bestes gegeben, um Zielpunkt zu retten. Es ist aber auch unsere Verantwortung gegenüber den restlichen Mitarbeitern der Handelsgruppe, für Stabilität zu sorgen».
Der Antrag der Zielpunkt GmbH auf Eröffnung eines Konkursverfahrens ist am 30. November 2015 beim Handelsgericht Wien eingereicht worden. Zum Masseverwalter bestellte das Gericht den Rechtsanwalt Dr. Georg Freimüller aus Wien. Im Vorfeld wurden bereits weitgehende Vorbereitungen zur möglichst raschen Antragstellung auf Zuerkennung von Insolvenz-Entgelt für die im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung rückständigen Löhne/Gehälter für November und für das Weihnachtsgeld getroffen. Wesentliche Zahlen/Fakten:
Nach Angaben des Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) gibt es rund 750 Gläubiger inklusive Vermieter und öffentlich rechtliche Gläubiger. Es ist keine Entschuldung durch einen Sanierungsplan beantragt worden. Daher wurde das Verfahren als Konkursverfahren vom Handelsgericht Wien eröffnet. |
Investment von weiteren 60 Millionen bis 2018 wäre nötig
Bis Frühherbst 2015 war die Entwicklung des Unternehmens gemäß der Fortbestehensprognose «auf Plan und sogar leicht darüber». Aufgrund des allgemein schwächelnden Lebensmittel- Einzelhandels haben sich die Vorzeichen geändert: Die Umsatzrückgänge – die bislang durch Kostensenkungsmaßnahmen kompensiert werden konnten – sind massiv, die Suche nach Investoren war nicht erfolgreich. Die notwendig gewordene Evaluierung der Fortbestehensprognose zeigt stark gestiegenen Kapitalbedarf auf. Eine zur Verfügung-Stellung des erhöhten Kapitalbedarfs durch die Muttergesellschaft Pfeiffer sei weder darstellbar noch haftungsseitig verantwortbar. Dadurch würden die sonst allesamt gesunden Pfeiffer-Firmen gefährdet. Die Pfeiffer Handelsgruppe kann die notwendigen Finanzmittel in der Höhe von zumindest 60 Millionen Euro nicht zusagen. Damit kann für Zielpunkt keine positive Fortbestehensprognose abgegeben werden und somit muss das Insolvenzverfahren eingeleitet werden.
Bis zuletzt «Kraftanstrengung pur» zur Vermeidung der Insolvenz
Die Pfeiffer Handelsgruppe hat bis zuletzt nichts unversucht gelassen, um Zielpunkt zu retten: So wurden heuer alle Wiener Geschäftsportale saniert, sämtliche 229 Standorte wurden in den letzten Wochen innen umgebaut, das Sortiment erweitert und die Filialen modernisiert.
229 Filialen stehen zur Disposition
Zielpunkt betreibt 229 Filialen – mehr als die Hälfte davon in Wien. Damit ist Zielpunkt in der Bundeshauptstadt die starke Nummer zwei im Lebensmittel- Einzelhandel. Georg Pfeiffer geht davon aus, dass eine Vielzahl der Standorte an Mitbewerber übergehen und damit viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernommen werden. Ein Teil der Standorte in Niederösterreich und der Steiermark ist potenziell auch für die UniMarkt-Expansion interessant.
Mitarbeiter im Rahmen des Insolvenzverfahren abgesichert
Die Löhne und Gehälter der 2.500 Mitarbeitenden im Filial- sowie im Zentralbereich sind durch den Insolvenz-Entgelt-Fond gesichert. Das Unternehmen unterstützt alle Bemühungen und Maßnahmen, die zu einer möglichst raschen Auszahlung der rückständigen Entgelte durch den Insolvenz-Entgelt-Fond führen. Die laufenden Bezüge ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung sind vom Insolvenzverwalter zu bezahlen.
Keine Auswirkungen auf die übrigen Unternehmen der Pfeiffer Gruppe
UniMarkt, die Pfeifferschen Nah+Frisch Märkte sowie die Pfeiffer Logistik sind von der Insolvenz der Zielpunkt GmbH nicht berührt. Die laufende Belieferung der gesunden Pfeiffer Unternehmen ist nicht gefährdet. Der bereits unterzeichnete Verkauf von C+C Pfeiffer GmbH an Transgourmet (Coop) wird planmäßig mit Januar 2016 umgesetzt.
Über Pfeiffer
Die Pfeiffer Handelsgruppe (inklusive Zielpunkt) erzielte 2014 mit 6.400 Mitarbeitern (davon 230 Lehrlingen) einen Umsatz von 1,3 Milliarden Euro. C+C Pfeiffer verfügt über zwölf Standorte und bietet die bewährte Kombination aus Abholmarkt und Zustellservice an. Über 80 Prozent der Umsätze von C+C Pfeiffer entfallen auf die Kernzielgruppe Gastronomie. UniMarkt betreibt aktuell 127 Standorte. Mit «mehr für mich» positioniert sich UniMarkt als regionaler Supermarkt mit Familienfokus. Seit 01. März 2014 gehört Zielpunkt zur Pfeiffer Handelsgruppe. Zielpunkt betreibt 229 Filialen, vorwiegend im Osten Österreichs. Pfeiffer Großhandel beliefert 268 Nah+Frisch-Einzelhändler in den Bundesländern Ober- und Niederösterreich, in der Steiermark und in Salzburg, neun «Land lebt auf» Standorte sowie weitere 178 Nahversorger.
WEITERE THEMEN AUS DIESER RUBRIK FÜR SIE:
- Insolvenzen pendeln sich im Juni auf Vor-Covid-Niveau ein
- BVE: Umsatzverlust und weniger Betriebe kennzeichnen das Jahr 2023
- Kartellrecht: Delivery Hero droht hohe Geldstrafe
- Hessen: Landtagsfraktionen verabschieden HLöG-Änderung
- Bayern: will Weihenstephan zu Exzellenzzentrum ausbauen
- «Digitaler Euro»: Modernisierung nicht immer willkommen
- EHI Institut: Täglich 100.000 unentdeckte Ladendiebstähle
- Casa della Piada: Fondo Italiano beteiligt sich an Bäckerei
- Geschwister Oetker: verzeichnen 2023 leichtes Umsatzplus
- Kartellamt verhängt Millionen-Geldbuße gegen FritzBox-Hersteller
- Rohlik Gruppe: erhält Kapital zur Beschleunigung der Expansion
- Bundesbank: Das Zahlungsverhalten in Deutschland 2023
- Umfrage: Warum in drei von vier Büros noch gefaxt wird
- Rewe: weiht modernstes Logistikzentrum in Magdeburg ein
- ADAC Berechnung: HVO100 macht Autofahren kaum teurer
- ZV: Halbherzige Bürokratieentlastung bedroht die Betriebe
- «Academia»: Schwarz Digits wirbt für mehr Datensouveränität
- So arbeiten Sie mit den Marvin E-Rechnungen
- Amazon: investiert 10 Milliarden Euro in Deutschland
- Oetker-Gruppe: erzielt 2023 Wachstum in allen Geschäftsbereichen