Frankfurt / Main. (11.10. / dlg) «Mit den Herausforderungen der Zukunft werden wir um so besser zurechtkommen, je mehr die einzelnen Glieder der Wertschöpfungskette zusammenrücken. Das führt zu einer größeren Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinschaft». Dies stellte der Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Carl-Albrecht Bartmer, während der Jahrestagung des Verbands Deutscher Großbäckereien in Frankfurt fest. Dort skizzierte er die «Zukunft der Lebensmittelkette».
Wer über Zukunft im wirtschaftlichen Raum nachdenkt, muss unter den aktuellen Bedingungen auch den finanzpolitischen Rahmen bedenken, der schnell alle ambitionierten Zukunftsprognosen Makulatur werden lassen könnte. «Inwieweit eine Finanzkrise Konsequenzen auf Realmärkte, wie Lebensmittelmärkte, haben kann, ist schwer abschätzbar». Mit der Botschaft «gegessen werde immer» mache man es sich sicherlich zu einfach. Die Preisentwicklungen bei Lebensmitteln verlaufen in Abhängigkeit von den gesamtwirtschaftlichen Szenarien.
Quantitative Rohstoffsicherung
Bartmer verwies auf die dynamisch steigende Nachfrage nach Agrarprodukten (Bevölkerungsentwicklung, Konsumtrends, Bioenergie), der eine weltweit kaum vermehrbare Agrarfläche gegenüberstehe. Fruchtbare Acker- und Grünlandflächen würden zu einem der knappsten Faktoren der Zukunft. Die quantitative Rohstoffabsicherung würde für die Lebensmittelkette zur ersten strategischen Herausforderung. In diesem Zusammenhang wies Bartmer kritisch auf öffentlich geförderte extensive Produktionssysteme in Europa («Greening» der künftigen EU-Agrarpolitik), aber auch auf Akzeptanzprobleme einer modernen, innovativen und deshalb nachhaltigen Landwirtschaft hin, die auch durch agrarromantische, auf traditionelle Produktionssysteme zielende Werbung der Branche verstärkt würde. Hier könnte es sein, dass die Branche an dem Ast, auf dem sie sitzt («sichere Rohstoffversorgung») selber säge. Nicht zuletzt seien auch unter dem Blickwinkel knapper Lebensmittel Bioenergiestrategien kritisch zu überprüfen. Es sei das gemeinsame Interesse aller Partner der Lebensmittelkette, eine moderne, effiziente, technologieoffene und gerade deshalb nachhaltige Urproduktion zu fördern.
Faire Zusammenarbeit
«Der Erfolg einer Großbäckerei ist auch der Erfolg der Mühle respektive des Landwirts dahinter. Die Wertschöpfungskette sollte sich als Gemeinschaft verstehen. Eine erfolgreiche Wertschöpfungskette wird zukünftig mehr Energie aufwenden, ihre Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Ketten zu verbessern, als intern um Wertschöpfungsanteile zu ringen». Eine faire, auf langfristige Zusammenarbeit innerhalb der Kette ausgerichtete Struktur minimiere die Transaktionskosten, erhöhe die Effizienz und somit die Wettbewerbsfähigkeit national und international.
Nachhaltigkeit
Lebensmittel sind Qualitätsprodukte, sie sollten gesund sein und in Prozessen hergestellt werden, die sozial und ökologisch korrekt sind. Hierauf würden, laut Bartmer, Verbraucher zunehmend Wert legen und dabei immer mehr nach den Inhalten einer Nachhaltigkeitskommunikation «jenseits von Hochglanz-Broschüren» fragen. Zertifizierungen von Nachhaltigkeit «kann eine einzelne Stufe der Lebensmittelkette glaubwürdig und belastbar gar nicht gewährleisten». Für den DLG-Präsidenten führen erst die enge Vernetzung der Lebensmittelkette und das Zusammenspiel der verschiedenen Produktionsstufen in der Qualitätssicherung zu wirklicher Nachhaltigkeit und Qualität.
Regionalität
Wohl in kaum einem Segment ist das Thema Regionalität bereits heute so gut positioniert wie bei Brot und Backwaren. Mit diesem historisch gewachsenen Fundus besitzt diese Wertschöpfungskette nach Ansicht Bartmers die große Chance, die zwei anderen gesellschaftlich relevanten Themen «Produktsicherheit» und «Nachhaltigkeit» emotional zu verbinden. Regionalität und dafür notwendige geschlossene Wertschöpfungsketten, kurze Wege auch der Kommunikation zwischen den Gliedern und eine klare Fokussierung auf gemeinsame Ziele werden nach Ansicht des DLG-Präsidenten für die Zukunft der Lebensmittelkette eine entscheidende Rolle spielen.
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