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 Ausgabe 29/09 -- 17. Juli 2009

09. Jahrgang 

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Russland: Hersteller profitieren vom schwachen Rubel



Moskau / RU. (gtai) Die russische Ernährungswirtschaft könnte vom schwachen Rubel profitieren und gegenüber Importware Marktanteile gewinnen. Doch da die Verbraucher insgesamt ihre Ausgaben für Lebensmittel kürzen, geht die Produktion bislang noch zurück. Immerhin hat die Regierung die Einfuhr moderner Produktionsausrüstungen von der Mehrwertsteuer befreit. Die staatlichen Banken gewähren den großen Agrarholdings zudem zinsvergünstigte Kredite für neue Investitionen. Das bietet Chancen für Lieferanten von Lebensmittelmaschinen, berichtet Germany Trade and Invest.

Russlands Lebensmittelindustrie galt eigentlich als krisenresistent. Getreu dem Motto «Gegessen wird immer» war die Branche davon ausgegangen, dass auf russischen Küchentischen wegen der starken Abwertung des Rubels verstärkt einheimische Produkte landen. Doch die Statistik zeigt teilweise ein anderes Bild. Die Produktion von Lebensmitteln (einschließlich Getränken und Tabakwaren) ist im Zeitraum Januar bis April 2009 um 3,1 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode zurück gegangen.

Allerdings kommt die Branche damit angesichts der wirtschaftlichen Talfahrt in Russland noch ziemlich glimpflich davon. Das Bruttoinlandsprodukt lag im April um 10,5 Prozent unter dem Vorjahreswert, die Industrieproduktion insgesamt fiel um 17 Prozent.

Tabelle 1:
Russlands Importe ausgewählter Nahrungsmittel (in 1.000 Tonnen)
 
  2009-01 bis 2009-04 Änderungen gegenüber Vorjahresperiode (in %)
Fleisch (frisch und tief gefroren, ohne Geflügel) 284,1 -34
Geflügelfleisch (frisch und tief gefroren) 220,1 -36
Fleischprodukte und -konserven 010,1 -03
Fisch (frisch und tief gefroren) 295,2 -05
Milch und Kondensmilch 000,6 -94
Butter 021,5 -42
Kaffee 026,7 +16
Pflanzenöl 011,0 -71
Quelle: Föderaler Zolldienst

Je nach Produktgruppe gibt es große Unterschiede in der Ernährungswirtschaft. Billige Lebensmittel wie Teigwaren oder Konserven legen tendenziell eher zu. Teurere Warengruppen oder Genussmittel wie Schokolade und Spirituosen verzeichnen tendenziell ein Minus. Selbst die Wodkaproduktion ist zweistellig eingebrochen, was Experten jedoch auf eine deutliche Zunahme der illegalen Herstellung zurückführen.

Aktuelle Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Romir liefern den Grund für die sinkende Nahrungsmittelproduktion: Demnach haben wegen der Krise 40 Prozent aller Russen ihre Ausgaben für Lebensmittel gekürzt. Viele Verbraucher streichen Säfte, Butter und Bier von ihrer Einkaufsliste und steigen bei anderen Produkten auf preisgünstigere Alternativen um.

Das erklärt auch, weshalb Fleischkonserven bei der Bevölkerung in Zeiten der Krise sehr beliebt sind. Ihre Produktion stieg 2008 um elf Prozent, in den ersten Monaten 2009 noch einmal um sieben Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Eine Tendenz zu kostengünstigeren Lebensmitteln ist auch bei Fischwaren zu verzeichnen. Während die Produktion von Frischfisch zweistellig sinkt, legen die Verkäufe von tief gekühltem Fisch zu.

Fleischproduktion mit einem Plus von zwölf Prozent
Insgesamt positiv entwickelt hat sich die Fleischproduktion mit einem Plus von zwölf Prozent. Während es bei Rindfleisch Einbrüche gab, konnten die Schweine- und Geflügelverarbeiter kräftig zulegen. Offenbar erweisen sich diese preisgünstigeren Fleischsorten am krisensichersten.

Sowohl die einheimische Lebensmittelindustrie als auch die ausländischen Lieferanten müssen sich darauf einstellen, dass die Russen wegen der sinkenden Kaufkraft und steigender Arbeitslosigkeit ihr Konsumverhalten umstellen. Delikatessen, teure Joghurts oder erlesene Wurstwaren haben es im Moment schwer, Käufer zu finden.

Außerdem bekommen die Einzelhändler bei den Banken nur schwer eine Zwischenfinanzierung, so genannte Umlaufmittel für ihre laufenden Geschäfte. Deshalb nehmen sie bevorzugt günstige Nahrungsmittel ins Sortiment auf, die schnell rotieren und Umsatz bringen.

Tabelle 2:
Produktion ausgewählter Nahrungs- und Genussmittel in Russland

  2008 Änderungen 2008 zu 2007 (in %) Änderungen 2009-01 bis -04 zur Vorjahresperiode (in %)
Fleischproduktion, in 1.000 t 2.858 +12 +12
.darunter Rindfleisch 280 -01 -12
.Schweinefleisch 502 +00 +14
.Geflügel 2.017 +17 +14
Wurstwaren, in 1.000 t 2.444 +01 -09
Fleischkonserven, in Mio. Doseneinheiten 580 +11 +07
Frischfisch, in 1.000 t 370 -15 -13
Tiefkühlfisch, in 1.000 t 1.880 -07 +06
Vollmilchprodukte, in Mio. t 10,0 -05 +02
Obst- und Gemüsekonserven, in Mio. Doseneinheiten 10.307 -02 -12
Mehl, in Mio. t 10,1 -02 +05
Brot und Brotwaren, in 1.000 t 7.477 +04 -03
Teigwaren, in 1.000 t 1.021 +01 +05
Süßwaren 2.848 -08 -07
Fruchtsäfte, in 1.000 t 4.369 -08 -42
Wodka und andere Spirituosen, in Mio. hl 12,1 -08 -19
Bier, in Mio. hl 114,0 +17 -06
Mineralwasser, in Mio. hl 40,0 +13 +00
Quelle: Rosstat

Wie ein Blick auf die Importzahlen für die ersten vier Monate 2009 zeigt, haben ausländische Lieferanten von Lebensmitteln auf dem russischen Markt noch mehr Marktanteile verloren als die einheimischen Hersteller. So sind die Fleischeinfuhren um ein Drittel im Vergleich zur Vorjahresperiode zurück gegangen. Bei Milch lag das Minus sogar bei 94 Prozent. Hier findet offensichtlich bereits ein Substitutionsprozess zugunsten der russischen Produktion statt.

Das sinkende Importvolumen könnte zu neuen Investitionen in Russlands Nahrungsmittelversorgung führen. Der Fleischkonzern Tscherkisowo (http://www.cherkizovo-group.ru) zum Beispiel will in den Regionen Lipezk und Belgorod den landesweit größten Zuchtkomplex mit einer Jahreskapazität von 147.000 Tonnen Geflügelfleisch und 200.000 Tonnen Schweinefleisch errichten.

Dazu sollen ein Schlachthof, eine Fleischverarbeitungsfabrik und ein Kombifutterwerk gehören. Wie die Zeitschrift Kompanija Anfang Juni 2009 berichtete, sollen die Investitionen bei rund 45,7 Milliarden Rubel (1,1 Milliarden Euro, Wechselkurs am 2009-06-11: 1,00 Euro = 43,59 Rubel) liegen. Unterstützung bekommt Tscherkisowo von der russischen Regierung, die das Großvorhaben mit Garantien und Zinssubventionen unterstützt.

Ebenfalls weiter investieren will die Agroholding Miratorg (http://www.miratorg.ru - 14 Prozent Marktanteil bei Schweinefleisch, zehn Prozent bei Geflügel). Das Unternehmen hat im Juni eine neue Kreditlinie mit der Wneschekonom-Bank zum Ausbau eines Schweinezuchtkomplexes im Gebiet Belgorod vereinbart. Das Vorhaben am Standort Schurawski soll umgerechnet rund 40 Millionen Euro kosten.

Belgorod im russischen Schwarzerdegürtel gilt als eine der Schweinezuchtzentren des Landes. Auch Deutschlands größter Fleischverarbeiter Tönnies baut in der Region einen Schlacht- und Zerlegebetrieb für jährlich zwei Millionen Schweine inklusive Futtermittelversorgung auf. Russischer Partner ist der Geflügelproduzent Prioskolje (http://www.prioskol.ru) aus Belgorod.

Steuer- und Zollvorteile für Maschinenlieferanten
Für Lieferanten von Maschinen für die Nahrungsmittelindustrie sind die Aussichten auch deshalb nicht so düster, weil die russische Regierung inzwischen den Import von ausländischer Spitzentechnologie fördert, für die es im Inland keine Hersteller gibt. So wurde mit Wirkung ab Juli 2009 die Einfuhrumsatzsteuer (18 Prozent) für über 180 Warenpositionen abgeschafft.

Darunter sind auch Ausrüstungen für die Produktion von Teigwaren (Zolltarif-Warenposition 8438.10.90), Maschinen für die Zuckerindustrie (8438.30), Brut- und Aufzuchtapparate für die Geflügelzucht (8436.21), Maschinen zur Saft- und Getränkeherstellung (8435.10 und 8438.8091), Brauereianlagen (8438.40) und Verarbeitungsmaschinen für Tee und Kaffee (8438.80.10). Zudem bereitet die Regierung einen Erlass vor, Kühlanlagen für die Fischverarbeitungsindustrie zollfrei zu stellen.

Sowohl für deutsche Agrargüter als auch für Hersteller von Lebensmittelmaschinen war Russland bis zum Konjunktureinbruch einer der wichtigsten Auslandsmärkte. Damit dies so bleibt, wurde Anfang Juni in Sankt Petersburg zwischen dem deutschen und dem russischen Landwirtschaftsministerium eine strategische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Agrar- und Ernährungswirtschaft beschlossen. Hierzu werde im Rahmen der Strategischen Arbeitsgruppe eine Unterarbeitsgruppe eingerichtet, berichtet Germany Trade and Invest.

 

 

DIESER BEITRAG GEHÖRT ZUM WEBBAECKER INFODIENST FÜR DIE 29. KALENDERWOCHE 2009

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