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 Ausgabe 45/11 -- 11. November 2011

11. Jahrgang 

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Bio: Der Markt ist noch längst nicht an seinen Grenzen

 

 

Bonn. (11.11. / gtai) Bio-Produkte stehen in Deutschland nach wie vor hoch in der Verbrauchergunst. Die Nachfrage nach biologisch erzeugten oder naturbelassenen Nahrungsmitteln entwickelte sich im deutschen Lebensmitteleinzelhandel im Verlauf des Jahres 2011 fortdauernd zufriedenstellend. Nach Einschätzungen von Produzenten und Händlern gelten die Wachstumsaussichten am Bio-Markt als weiterhin gut - berichtet Germany Trade + Invest (GTAI) in einer Übersicht.

 

Das Produktsegment Bio-Lebensmittel bleibt ein interessanter Teilmarkt und ein Wachstumsfeld. Allerdings sollen die Umsatzanstiege in mittelfristiger Perspektive nicht mehr so hoch wie in den Vorjahren ausfallen. Die Nachfrage nimmt weiterhin zu. Es zeichnet sich zudem ab, dass immer mehr Hersteller konventioneller Lebensmittel zusätzlich auch Bio-Produkte anbieten. Alle inländischen bedeutenden Einzelhandelsketten verfügen neben ihrer konventionellen Produktpalette nunmehr ebenfalls über ein umfangreiches Bio-Sortiment. Zweifellos wird der Wettbewerbsdruck in dieser Produktkategorie in der Zukunft noch spürbar zunehmen.

 

Der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln stieg in Deutschland im Jahr 2010 um etwa zwei Prozent auf insgesamt etwa 5,9 Milliarden Euro, berichtete die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE). Mit diesem Ergebnis haben sich die Erlöse auf dem einheimischen Bio-Markt innerhalb von zehn Jahren fast verdreifacht. Am gesamten Lebensmittelmarkt halten Bio-Produkte einen Umsatzanteil von drei Prozent bis vier Prozent.

 

Beim Massenangebot von Bio-Grundnahrungsmitteln sind die einheimischen Discounter führend. Die Verbraucher kaufen in den Discount-Läden vor allem Bio-Kartoffeln und Bio-Möhren. Nach einer Sortimentsbereinigung im vergangenen Jahr sind bei den Discount-Geschäften nunmehr jedoch deutlich weniger Bio-Produkte zu finden. Der Bio-Markt insgesamt gesehen weist jedoch auch im Jahr 2011 einen Trend zur Ausweitung der Sortimente auf.

 

Viel Dynamik im Naturkostfachhandel

Der Wachstumsmotor auf dem Bio-Markt ist in erster Linie der Naturkostfachhandel. Er verbuchte 2010 ein Umsatzplus von acht Prozent. Die Betreiber von Bio-Supermärkten haben im vergangenen Jahr mehrere Dutzend neue Filialen eröffnet. Von etwa 2.400 Naturkostfachgeschäften in Deutschland sind ungefähr 400 Bio-Supermärkte mit einer Verkaufsfläche von jeweils mehr als 400 Quadratmetern. Diese Supermärkte decken vor allem die Versorgung der Verbraucher mit Bio-Lebensmitteln in Großstädten sowie in mittelgroßen Städten ab. Bei regionaler Betrachtung fällt auf, dass es im Westen und Süden Deutschlands deutlich mehr Bio-Läden als im Osten gibt. Östlich der Elbe hat sich der Bio-Markt bislang eigentlich nur in Berlin gut etabliert.

 

An der diesjährigen Anuga, der weltweit größten und wichtigsten Leistungsschau für die Nahrungsmittelwirtschaft, die Mitte Oktober 2011 in Köln stattfand, beteiligten sich etwa 6.600 Anbieter aus 100 Ländern. Gegliedert in zehn Fachmessen bot die Messe eine klare Segmentierung und Zuordnung, die es Ausstellern wie Besuchern leicht machte, ihre Gesprächs- und Geschäftspartner zielsicher zu erreichen. So hat sich aus Sicht des Veranstalters gerade die Anuga Organic als ideale kompetente Informations- und Orderplattform für Bioprodukte und "erste Adresse" für Nachfrager aus dem Handel und dem Außer-Haus-Markt etabliert. 2011 stellten 261 Anbieter im Rahmen der Anuga Organic aus. Insgesamt 1.662 Hersteller zeigten Bioprodukte auf der Anuga. Damit zählt die Messe zu den größten Veranstaltungen in diesem Segment, teilte Peter Grothues, Geschäftsbereichsleiter Ernährung der Kölnmesse, mit.

 

Paradebeispiel : Bioanbieter traditionell und aus Überzeugung

Die in Andechs ansässige Molkerei Scheitz belegte im Mai 2011 Platz 1 im Wettbewerb um den erstmals vom TV-Sender N-TV verliehenen Mittelstandspreis «Hidden Champion» in der Kategorie Nachhaltigkeit. Diese Molkerei im oberbayerischen Landkreis Starnberg ist schon seit gut dreißig Jahren ein zertifizierter Bio-Betrieb. «Die Philosophie unseres Unternehmens ist es, natürliche Produkte natürlich zu belassen», betonte Unternehmenschefin Barbara Scheitz.

 

Der vor über hundert Jahren gegründete Familienbetrieb ist nach eigenen Angaben mittlerweile die größte Bio-Molkerei in Europa. Sie beschäftigt rund 190 Mitarbeiter und verarbeitet pro Jahr etwa 92 Millionen Liter Bio-Milch von fast 600 gleichfalls zertifizierten Milchbauern. Das Sortiment reicht vom Joghurt über Molke-Drinks bis zu Käse-Snacks. Das Thema Nachhaltigkeit ist in der Andechser Molkerei Scheitz von übergreifender Bedeutung: Der Strom für den Bio-Betrieb stammt aus regenerativen Energien. Eine TÜV-geprüfte Dokumentation gibt Auskunft über die Minimierung des schädlichen Klimagases CO2 in der gesamten Wertschöpfungskette des Unternehmens. Auf diese Weise wird der sogenannte Carbon Footprint ermittelt, den die Molkerei in der Umwelt hinterlässt. Der «CO2-Fußabdruck» erfasst und bewertet alle klimawirksamen Emissionen eines Unternehmens mit dem Ziel, den Energie- und Rohstoffaufwand zu senken.

 

Die Firma Scheitz und ihre Lieferanten gehören dem ökologischen Landbauverband Demeter an. Das Demeter-Siegel genießt wie auch das Gütezeichen anderer Anbauverbände wie Bioland oder Naturland bei überzeugten Bio-Käufern besonderes Vertrauen. Für Produkte mit diesen Zeichen sind die Konsumenten einer Untersuchung zufolge auch bereit, deutlich mehr zu bezahlen. Weitere deutsche Molkereien, die auf der Anuga 2011 im Rahmen der Sonderschau «Voll Bio» ausstellten, waren die Molkerei Söbbeke aus Gronau und die Routhier-Weber GmbH (Altenstadt). Informationen über alle Bio-Produkte und Hersteller in der Sonderschau «Voll-Bio» sind in der Online-Datenbank www.biovollsortiment.de abrufbar.

 

Einer zunehmenden Zahl von kritischen Verbrauchern genügt die Kennzeichnung von Bio-Lebensmitteln allein mit dem EU-Bio-Logo nicht. Wie der Fall der Andechser Molkerei Scheitz verdeutlicht, schafft das Siegel eines renommierten Anbauverbandes zusätzliches oder mehr Vertrauen. Dem EU-Bio-Siegel wird als Manko zugeschrieben, dass es nur Auskunft über die Einhaltung von Mindeststandards gibt. Während beispielsweise beim EU-Zertifikat auch nur ein Teil der landwirtschaftlich genutzten Fläche auf Bio-Erzeugung umgestellt werden darf, müssen die Mitglieder der anderen genannten Anbauverbände ihre Höfe komplett umwidmen. Damit ist im allgemeinen ein Anpassungsprozess verbunden, der etwa zwei Jahre dauert.

 

Eine wachsende Zielgruppe an Käufern legt auch Wert auf artgerechte Tierhaltung sowie Informationen über die regionale Herkunft der Produkte und faire Erzeugerpreise. Experten mahnen in diesem Zusammenhang allerdings einheitliche Definitionen an, da missverständliche Werbeaussagen den Kunden verwirren können. Als positives Beispiel gilt in dieser Hinsicht die Praxis des Anbauverbandes Naturland: Diese Organisation hat verbindliche Sozialrichtlinien beschlossen und kürzlich ein freiwilliges Zertifikat für fair erzeugte Produkte unter der Bezeichnung «Naturland fair» eingeführt. Dabei soll der gezahlte Erzeugerpreis nicht nur die Produktionskosten abdecken, sondern auch eine angemessene Gewinnspanne für den Lieferanten, heißt es.

 

Bio-Markt noch längst nicht an seinen Grenzen angelangt

Deutschland ist mit annähernd sechs Milliarden Euro Umsatz pro Jahr der größte Bio-Markt in der Europäischen Union, gefolgt von Frankreich mit jährlich rund drei Milliarden und Großbritannien mit etwa zwei Milliarden Euro Umsatz. Das diesjährige Anuga-Partnerland Italien erreichte 2010 mit 1,5 Milliarden Euro Bio-Umsatz immerhin Rang vier. Noch keine nennenswerte Rolle im Lebensmittelvertrieb spielen Bio-Produkte dagegen beispielsweise in Ost- und Südosteuropa. Trotzdem liegt das Umsatzniveau dieser Sparte in allen 27 EU-Ländern insgesamt etwa auf gleichem Niveau wie auf dem größten Bio-Markt der Welt, den Vereinigten Staaten. US-Verbraucher und Europäer konsumieren jährlich Bio-Lebensmittel im Wert von jeweils rund 17 Milliarden Euro.

 

Bei den Umsätzen mit Bio-Produkten besteht noch Spielraum nach oben, wenn man die durchschnittlichen Bio-Konsumausgaben in den einzelnen Ländern zugrunde legt. Pro Kopf geben die Dänen mit 138,80 Euro pro Jahr am meisten Geld für Bio-Nahrungsmittel aus (Angaben für 2010), gefolgt von den Schweizern (132,80 Euro) und Österreichern (103,90 Euro). Die Deutschen liegen mit einem jährlichen Bio-Konsum von 70,70 Euro pro Einwohner statistisch nur im Mittelfeld. Sie rangieren aber noch vor dem Durchschnittswert für US-Bürger, die Bio-Nahrungsmittel im Wert von umgerechnet 57,30 Euro kauften. Am unteren Ende dieser Verbraucherskala rangieren die Rumänen, die pro Kopf jährlich Bio-Waren im Wert von nur durchschnittlich 0,10 Euro konsumieren. Niedrige Werte liegen auch für Bulgarien (etwa 0,70 Euro) und Polen (1,30 Euro) vor.

 

Da inländische Produzenten die einheimische Nachfrage in manchen Bereichen nicht oder nur unzureichend befriedigen können, hat sich ein reger internationaler Handel mit Bio-Produkten entwickelt. Hauptlieferanten für Frühkartoffeln sind beispielsweise Israel, Ägypten und Italien. Der deutsche Einzelhandel verlangt mehr Bio-Möhren als heimische Landwirte produzieren können. Jede zweite in Deutschland verkaufte Bio-Karotte wächst im Ausland. Wichtigste Lieferanten sind die Niederlande, gefolgt von Israel und südeuropäischen Staaten.

 

 

Weiterführende Informationen:

  • Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE): bve-online.de
  • Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVL): lebensmittelhandel-bvl.de
  • Allgemeine Nahrungs- und Genussmittel-Ausstellung (Anuga): anuga.de
  • German Export Association for Food and Agriproducts (GEFA): germanexport.org
  • Food - Made in Germany: fmig-online.de

     

     

     

     

  • DIESER BEITRAG GEHÖRT ZUM WEBBAECKER INFODIENST FÜR DIE 45. KALENDERWOCHE 2011

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